Stellen Sie sich in den Mittelpunkt
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Stellen Sie sich in den Mittelpunkt!

von Clemens Kriegelstein
Freitag, 02.06.2017
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Jeder kennt das: Man schlägt die Zeitung auf, und wer lacht einem entgegen? Ein Gastronom/Hotelier, den ohnehin jeder kennt und über dessen neuestes Angebot in aller Breite berichtet wird – wieder mal. »Keine schlechte (Gratis-)Werbung«, mag sich da mancher denken. Aber vor allem: »Warum berichten alle Magazine und Zeitungen immer über die üblichen Verdächtigen? Dass ich letztes Jahr meine dritte Haube oder meinen zweiten Stern bekommen habe, dass ich seit Kurzem einen der spektakulärsten Wellnessbereiche der ganzen Region habe, interessiert niemanden. Wieso bloß?«

Thema erkennen, News platzieren

Die Antwort ist meist einfach: Die Konkurrenten arbeiten mit professionellen Presseagenturen zusammen oder leisten sich sogar eine eigene PR-Abteilung. (Letzteres zahlt sich allerdings kaum für ein normales Familienunternehmen aus. Für diesen Luxus sollte man schon McDonald’s oder Hilton heißen.) Diese sind gut mit den wichtigen Reise-, Gourmet- oder Wirtschaftsredaktionen aller relevanten Medien vernetzt, kennen die wichtigsten Journalisten oft persönlich und wissen, welche Neuigkeit erzählenswert ist bzw. wie man notfalls auch eine erzählenswerte Neuigkeit schafft. Sie wissen, wie eine professionelle Presseinformation aufgebaut ist, wie eine Presseeinladung abläuft und worauf man bei der Betreuung von Journalisten generell achten sollte. Wohl gibt es auch Gastronomen/­Hoteliers, die ihre Öffentlichkeitsarbeit selbst erledigen, diese sind aber in der heutigen Zeit die Ausnahme.

Nicht jedes Medium interessiert jede Story

Wenn Sie jetzt überlegen, mit Ihrem Angebot oder ­Ihren Neuigkeiten an die ­Öffentlichkeit zu gehen: Denken Sie nach, welche News für welchen Journalisten interessant sein könnten. Sie feiern 50-jähriges Betriebsjubiläum, haben Ihren Restaurantbereich neu gestaltet und sind gerade vom 3- zum 4-Sterne-Hotel aufgestiegen? Gratuliere, aber eine große Tageszeitung wird das kaum interessieren. Dafür aber vielleicht die kleine Regionalzeitung in Ihrem Ort. In Ihrem Hotel steigt die italienische Fußballnationalmannschaft für ein Trainingscamp ab oder Ihrem Restaurant wird der dritte Michelin-Stern verliehen? Aber hallo, das ist auch für überregionale Redaktionen ein Thema!

Alles sollte im Verhältnis stehen

Wenn Sie den Medienvertreter dann endlich im Haus haben, stellen sich viele die Frage, wie weit eine erwartete Einladung gehen sollte. Muss man alles auffahren, was Küche und Keller zu bieten haben, werden zwei Nächte in der Suite inkl. Begleitung erwartet? Faustregeln gibt es dafür keine, letztlich ist es abhängig von Zeit, Ort und Thema. Wenn es um die Generalsanierung Ihres Hauses geht und das Gespräch um 10 Uhr vormittags stattfindet, ist ein Kaffee durchaus ausreichend. Wenn Sie Ihre neue Küchenlinie präsentieren und das Interview mittags oder abends angesetzt ist, bietet sich natürlich ein persönlicher kulinarischer Eindruck an. Und wenn der Journalist extra 500 Kilometer Anfahrtsweg hinter sich gebracht hat, wird er sich über eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit in Ihrem Hotel freuen. Letztlich zählt das Fingerspitzengefühl. Allerdings gibt es im Zuge verschärfter Compliance-Regelungen auch immer mehr Redakteure, die jede Art von Einladung dankend ablehnen (müssen).

Korrekturabzüge sind oft No-Gos

Seien Sie während des Gespräches ruhig authentisch. Sie müssen auf Fragen nicht unbedingt druckreif antworten. Aus ­Ihrem Gespräch einen korrekten und spannenden Text zu machen, ist Job des Redakteurs. Und widerstehen Sie am Ende des Interviews möglichst auch der Frage nach einem Korrekturabzug vor Veröffentlichung des Artikels. So etwas hören viele Journalisten nicht gerne, z. B. weil sie es als Zweifel an ihrer Fähigkeit auffassen, das Gespräch korrekt zusammenzufassen. Wenn der Bericht jedoch ein Advertorial ist, für das Sie bezahlen, dürfen Sie auf Ihr Recht, den Beitrag freizugeben, natürlich schon bestehen.

Werbung im gleichen Ausmaß wäre nicht finanzierbar

Den Entschluss, von Beginn an konsequent mit einer PR-Agentur zusammenzuarbeiten, hat etwa der Wiener Multigastronom Martin Ho (u. a. DOTS Group) getroffen. »Ich wusste von Anfang an, dass wir eine klare Message und ein spezielles Produkt hatten, das man damals in Wien noch nicht kannte. Die Medien sind ein wesentlicher Multiplikator«, so Ho. Gerade hat er ein neues Konzept mit »Ivy’s Pho House« gestartet, zu dessen Erfolg die positive Berichterstattung in den Medien ebenfalls beiträgt. »Im letzten Jahr hatte die DOTS Group mit den zwei Restaurants und zwei Clubs 734 Berichte in nationalen Medien. In harten Zahlen entspricht das in Printmedien einer Reichweite von 55,9 Millionen Lesern und einem Werbewert von 3,1 Millionen Euro. Müssten wir diese Reichweite über klassische Werbung kaufen, wäre es einerseits nicht glaubhaft und andererseits schlicht nicht leistbar.« Ho investiert dabei einen kleinen zweistelligen Prozentsatz seines Umsatzes in die Öffentlichkeits­arbeit. Für jede Neueröffnung sowie für große Events plant er ein relevantes Budget für PR.

Eine neue Marke muss etabliert werden

Vor dem Problem, eine neue Marke zu etablieren, stand auch das bayrische Hotel »Das Tegernsee«, das sich 2010 nach umfangreichen Umbauarbeiten aus dem etablierten Hotel Bayern am Tegernsee entwickelt hatte. »Eine der Kernaufgaben war es, dieses neue Juwel öffentlich zu machen, um neue Zielgruppen und Märkte anzusteuern. Eine weitere Aufgabe bestand darin, den anspruchsvollen Namen zu erklären, der zunächst für viel Gesprächsstoff sorgte«, erläutert etwa ­Direktor Sven Scheerbarth seinen Entschluss, auf die Dienste der Münchner Agentur Stromberger PR zurückzugreifen. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat: »Sicher ist, dass professionelle Bericht­erstattung im Konkreten sowie Medienarbeit im All­gemeinen einen ganz entscheidenden Einfluss auf das Buchungsverhalten von Gästen haben.« Eine Korrelation zwischen Presseaussendungen und darauf folgenden Buchungen herzustellen, sei immer schwierig. Natürlich seien der schönste Beweis Gäste, die aufgrund medialer Berichterstattung aufmerksam geworden sind. Scheerbarth: »Wie oft das der Fall ist, lässt sich nur dann bewerten, wenn Messbarkeiten gezielt verwendet werden, anderenfalls sind Feedbacks rar.«

Wie gehe ich mit Journalistenanfragen um?

Gehen wir einmal vom positiven Fall aus, dass sich ein Journalist aus Interesse an Ihrem Haus oder Ihrer Person und zum Zwecke einer Recherche bei Ihnen meldet. (Wenn Sie plötzlich alle fünf Minuten mit Medienanfragen konfrontiert sind, weil Ihr Chefkoch als Kopf eines florierenden Drogenrings enttarnt wurde, wären wir bei der Krisen-PR, aber das ist wieder eine andere Baustelle.) Prinzipiell gilt: Mit Journalisten zu sprechen, ist Chefsache. Und: Haben Sie keine Angst. Sie leiten das Hotel Post oder den Kirchenwirt und nicht Coca-Cola. Man tritt in der Regel an Sie heran, um mehr über Ihr Unternehmen zu erfahren, und nicht, um Sie mit einem kritischen Zitat ausrutschen zu lassen. Seien Sie sich allerdings auch bewusst, dass Sie mit einem Journalisten sprechen und nicht mit einem Beichtvater. Sie können zwar Aussagen off-the-record tätigen, mit der Bitte, diese nicht zu veröffentlichen. Rechtsanspruch darauf gibt’s aber keinen und zumindest hinter vorgehaltener Hand wird vieles dann doch weitergegeben. Wenn Sie also nicht möchten, dass die halbe Branche erfährt, wie viel Sie in Ihren Umbau investiert haben oder wie hoch Ihr Gewinn im letzten Jahr war, behalten Sie es für sich.

Ist PR-Erfolg messbar?

Bleibt die Frage aller Fragen in diesem Zusammenhang: Was bringt mir der ganze Aufwand bzw. kann man den Erfolg guter PR messen? Die ernüchternde Antwort: nur schwer. Klar, wenn nach Erscheinen eines hymnischen Artikels in einer großen Zeitung Ihr Telefon plötzlich nicht mehr stillsteht, ist die Faktenlage eindeutig. Das ist aber die Ausnahme bzw. trifft am ehesten auf Neueröffnungen zu. In Wirklichkeit geht es darum, ein Angebot potenziellen Interessenten bekannt zu machen, eventuell auch eine Marke zu etablieren. All das funktioniert aber nur mittel- bis langfristig. Man kann zwar den Platz, den ein Artikel über die eigene Firma einnimmt, in Relation zum jeweiligen Anzeigenpreis des Mediums setzen und so zumindest einen theoretischen Werbewert errechnen. Wie weit dieser Werbewert allerdings wieder umsatzrelevant ist, steht auf einem anderen Blatt. »Ich weiß, dass die Hälfte meiner Werbung hinausgeworfenes Geld ist. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte«, soll Henry Ford schon vor hundert Jahren geseufzt haben. Daran hat sich bis heute wenig geändert.

Alexander Khaelss Khaelssberg
Foto: OresteSchaller

Eine gute Geschichte zu erzählen, macht immer Sinn!

Alexander Khaelss-Khaelssberg ist Managing Partner der PR-Agentur leisure communication (www.leisure.at). HOGAPAGE erzählt er, für wen sich Pressearbeit rentiert und mit welchen Kosten man rechnen muss.

Für welche Art von Hotel- oder Gastronomiebetrieben rechnet sich die Zusammenarbeit mit einer PR-­Agentur? Sollte man dafür gewisse Kriterien wie etwa einen Mindestumsatz erfüllen?
PR macht immer Sinn, wenn man eine gute Geschichte zu erzählen hat. Umsatz und Größe sind nicht relevant, wenn der Inhalt etwas hergibt. Gerade auch kleinere Unternehmen haben spannende Geschichten und das passende Medienumfeld wie ­Bezirkszeitungen, regionale Online-Portale, lokale Radio- und Fernsehsender etc. Viele Leser interessiert es mehr, was »um die Ecke« passiert, als welcher Gourmettempel sich wieder eine ­Haube erkocht hat. Man sollte sich aber immer selbst die Frage stellen: Würde mich diese Geschichte als Leser interessieren? Wer allerdings reine Werbung für sein günstiges Mittagsmenü machen will, ist besser in der Anzeigenabteilung als bei einer PR-Agentur aufgehoben.

Woran erkenne ich eine seriöse PR-Agentur, die sich in meinem Geschäftsbereich auskennt?
Einerseits zählen natürlich die Referenzen. Andererseits zeichnet sich eine qualifizierte Agentur durch die richtigen Fragen im Erstgespräch aus, wo sie zeigt, dass sie ein Grundverständnis vom Geschäftsmodell des Kunden hat. Eine gute Agentur will nicht ihre eigene (Erfolgs-)Geschichte erzählen, sondern sich für die Story des Kunden begeistern lassen. Wenn die Agentur dann auch noch Ideen mit einbringt, wie sich die geplanten Maßnahmen positiv auf den Umsatz, die Gästebindung oder neue ­Geschäftsideen auswirken können, dann haben Kunden das, was sie suchen: einen Gesprächspartner auf Augenhöhe.

Mit welchen Kosten muss man bei Pressearbeit rechnen?
Je nach Arbeitsaufwand und Leistungsumfang werden sich kleinere Pressegespräche zwischen 1.500 und 3.000 Euro bewegen; größere Events ab ca. 3.000 Euro. Im Idealfall bieten Agenturen ein gestaffeltes und modulares Paket an, das den Kunden Wahlmöglichkeiten lässt. Eventfotos werden Kunden inklusive aller Werknutzungsrechte um etwa 450 Euro bekommen. Imagefotos vom Restaurant oder Hotel können – abhängig vom Aufwand und der Bearbeitung – deutlich teurer werden. Kunden sollten auf jeden Fall immer auf die uneingeschränkten Nutzungs­rechte für alle Zwecke achten, um später keine Probleme zu bekommen, wenn die Fotos auch im Internet oder auf Social Media genutzt werden. Auch in diesem Zusammenhang beraten gute Agenturen.

Macht eine einmalige Aktion auch Sinn oder muss erfolgreiche Pressearbeit regelmäßig erfolgen?
Grundsätzlich macht eine konstante und konsequente Medienarbeit Sinn. Sie schafft einerseits Vertrauen gegenüber den Dialoggruppen und sorgt andererseits für kontinuierliche Präsenz. Der Output wird besser, je länger und vertrauensvoller Agentur und Kunde zusammenarbeiten. Im Einzelfall kann auch eine einmalige Aktion Sinn machen: Wenn James Bond bei den Dreharbeiten gerade beim Gasthaus um die Ecke einkehrt, ist das schon einer Erwähnung wert. Dafür braucht es aber auch keine große Strategie und umfangreiche Konzepte, sondern Geschwindigkeit und eine Prise Feingefühl.

Wie gehe ich mit Journalisten um, die sich zu Recherchezwecken – vielleicht gleich mit Begleitung – für mehrere Tage bei mir einquartieren wollen?
Ernst gemeintes Interesse merkt man immer schon bei der ersten Anfrage, und dann ist Bauchgefühl ein guter Ratgeber. Ein seriöser Journalist wird selten nach einer kostenlosen Woche Familienurlaub mit allen Extras fragen – allein schon, weil es ihm meist die Compliance-Richtlinien seines Mediums verbieten.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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