Mehr Leadership bitte
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Mehr Leadership, bitte

Was moderne Mitarbeiterführung auszeichnet

von Kristina Presser
Mittwoch, 08.01.2020
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Laszlo Bock beschreibt in seinem Buch »Work Rules!« als modernen Führungsstil einen, »bei dem die Manager sich nicht auf Belohnung und Strafe konzentrieren, sondern darauf, Steine aus dem Weg zu räumen und das Team zu motivieren.« Und so wird er auch bei Google angestrebt, wo Bock zehn Jahre als Senior Vice President of People Operations wirkte und half, dass der Konzern in dieser Zeit über 100 Mal zum herausragenden Arbeitgeber erklärt wurde. Dieses veränderte Führungsverständnis etabliert sich in Zeiten von »Arbeit 4.0« und »New Work« immer mehr in unserer heutigen Arbeitswelt.

Denn die Digitalisierung beeinflusst nicht nur zunehmend, wie sich unsere Arbeit gestaltet und Prozesse aussehen. Sie prägt auch Arbeitsstrukturen und schafft neue Möglichkeiten, wie wir arbeiten und uns organisieren. Das wiederum wirkt sich auf die Mitarbeiterführung aus. Arbeitnehmer, allen voran jene der Generation Y und Z, die Digital Natives, wünschen sich eine veränderte Arbeitskultur. Und die ist auch notwendig, damit Unternehmen langfristig erfolgreich und leistungsstark und Mitarbeiter zufrieden bleiben.

Zwei Formen von moderner Führung

Die 2018 veröffentlichte Studie »Leadership der Zukunft. Zwischen Inspiration und Empowerment«, durchgeführt vom Zentrum für Arbeitgeber­attraktivität und dem Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen, ergab, dass moderne Führung zunächst ein Umdenken und Loslassen von starren und festen Strukturen sowie zentriertem und traditionellem Denken bedeutet. Sie tritt heute in Unternehmen vor allem in zwei Formen auf: Als inspirierende Führung, bei der es um zwischenmenschliche Beziehungen und Werte geht, aber auch um Motivation und Sinngebung der Arbeit (mehr Know-why statt Know-how).

Und als geteilte Führung (shared Leadership). Führungskräfte verteilen dabei die Verantwortung auf mehrere Personen im Team mit unterschiedlichen Skill Sets, die so, je nach Kontext, eine Führungsrolle haben und sie auch wieder verlieren. Das entspricht dem heutigen Arbeitnehmer-Wunsch nach mehr Mitspracherecht, kreativer Arbeit und der Möglichkeit, das Unternehmen mitzugestalten. Diese flexiblen Arbeits- und Projektgruppen ermöglichen es in der dynamischen, immer komplexer werdenden Arbeitswelt, schnell auf neue Anforderungen zu reagieren – anders als strenge Hierarchieebenen mit »Command & Control«-Führungsstil. Führungskräfte agieren darin als Mentor mit der Aufgabe, ein auf Vertrauen basiertes Arbeitsklima zu schaffen mit flachen Hierarchien, ausgeprägter Kommunikation und konstruktiver Feedback-Kultur – und sollen so Teammitglieder befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen. Im Zentrum steht demnach das Kollektiv, dessen Mitglieder sich gegenseitig fördern, um zusammen bessere Ergebnisse zu erzielen. Das funktioniert vor allem in Kombination beider Komponenten moderner Führung, der inspirierenden und geteilten.

Mitarbeiter glänzen lassen
In der Upstalsboom Entwicklungswerkstatt erarbeiten die
Mitglieder gemeinsam neue Themen, wie den Wertebaum.
Foto: Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH & Co. KG

Mitarbeiter glänzen lassen

Betrachtet man konkret das Gastgewerbe, eine eher traditionelle Branche, sieht Ulrich Bensel, Vice President Group Human Resources, Deutsche Hospitality, vor allem eine große Herausforderung mit dem Wandel in der Führungskultur verbunden: »Der Grundgedanke, der sich in den nächsten Jahren tatsächlich und nicht nur in der HR-Theorie ändern muss, ist, dass die Führungskraft mehr und mehr vom Entscheider über alles hin zum Begleiter und Befähiger wird.« Das Umsetzen und vor allem Loslassen alter Gewohnheiten sei zwar schwierig, werde künftig aber einen attraktiven Arbeitgeber ausmachen. Bei der Deutschen Hospitality legt man daher bereits zunehmend Wert auf Führung auf Augenhöhe, Wertschätzung und Respekt, berichtet Saskia Finger, Senior Expert HR Operations, Deutsche Hospitality. »Auch Wohlfühlatmosphäre hat sehr an Bedeutung gewonnen. Unser langfristiges Ziel ist es, Hierarchien abzuflachen und Empowerment zuzulassen.« Denn prägend für die Zukunft sei die Führungskraft, die täglich ihre Mitarbeiter glänzen lässt, ergänzt Ulrich Bensel.
Um bei diesen Anforderungen zu unterstützen und ihre Werte zu fördern, schult die Deutsche Hospitality ihre Führungskräfte unter anderem durch individuelle Coachings, Führungskräfteentwicklungs- und Advanced-Leadership-Programme, bietet aber auch ein internes Strategie- und Leadership-Forum an.

Robert Jabin
Robert Jabin, Upstals-
boomer im Team Kultur &
Entwicklung.
Foto: Upstalsboom Hotel +
Freizeit GmbH & Co. KG

Von der Leistungsgesellschaft zum Organismus

Für innovative Führungskultur in der Branche steht auch die Hotelgruppe Upstalsboom. Ausgelöst durch das negative Resultat einer Mitarbeiterbefragung im Jahr 2010, leitete Geschäftsführer Bodo Janssen einen fundamentalen Unternehmenswandel ein. Über die Jahre entstand der Upstalsboom Weg mit zwölf Werten, 32 tiefergehende Sinnthesen und der Philosophie »Menschen stärken, Umwelt schonen«. Heute wird Partizipation großgeschrieben und Mitarbeiter haben unterschiedliche Möglichkeiten, sich aktiv im Unternehmen einzubringen. Auch das Thema Führung wird stark hinterfragt, sagt Robert Jabin, Upstalsboomer im Team Kultur & Entwicklung: »Wir befinden uns gerade am Anfang einer Entwicklung, immer weiter weg von der klassischen Pyramide und Leistungsgesellschaft, hin zu einem Organismus.« Zunächst gab es dafür einige selbstorganisierte Teams ohne Führung. Bei manchen funktionierte dieser Ansatz. »Wir haben aber auch erlebt, dass einige selbstführende Teams irgendwann an Grenzen stießen, das heißt, aus den Teams heraus keine Entscheidungen mehr getroffen wurden oder Verantwortlichkeiten unklar waren.«

Hier etablierte Bodo Janssen nun einen Teamcoach mit hohen Sozialkompetenzen als Unterstützung. Als geistige Führung soll er Potenziale seiner Teammitglieder erkennen und freisetzen. »Also den Rahmen schaffen, dass die Menschen wachsen, sich persönlich entwickeln können und die Unternehmenskultur gelebt wird«, erklärt Robert Jabin. Die Teammitglieder können dafür Empfehlungen, wen sie für geeignet halten, an Bodo Janssen aussprechen, der die endgültige Entscheidungsbefugnis hat. Die Aufgabe ist als Herzensangelegenheit, nicht als Position zu verstehen und gilt für zwei Jahre. So ist es zumindest bei dem ersten Team, in dem ein Coach eingeführt wurde. Abhängig von Team und Notwendigkeit gibt es als Gegenpart eine wirtschaftliche Führung, die mit dem Fachlichen und Operativen vertraut ist.

Diese Neuordnung werde von vielen Mitarbeitern als Chance aufgefasst, berge natürlich aber auch gewisses Konfliktpotenzial, berichtet Robert Jabin, »gerade wenn es um die Generationenfrage geht, unterschiedliche Berufserfahrungen und Weltbilder aufeinanderprallen«. Hier sei entscheidend, in den Dialog zu treten, Individuen zu achten und an einem gemeinsamen Verständnis zu arbeiten, »eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen«. Das zeigt: Führung muss in unserer neuen Arbeitswelt anders gedacht werden, allein damit ein Unternehmen hier besteht. Ein anstrengender und zeitintensiver Prozess, der sich jedoch lohnt. Vollkommen überflüssig, wie manch drastische Arbeitsmodelle es zeichnen, dürfte Führung aber wohl nie werden.

Lesen hier das kurze Interview mit Aggi Heinz

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Aggi Heinz
Foto: Aggi Heinz

Aggi Heinz ist selbstständige Beraterin und Coach für Führungskräfte und Managementteams in Veränderungsprozessen.

»Auf Komplementärdenken setzen«

Nachgefragt bei Aggi Heinz

Frau Heinz, sind Führungskräfte heute mit größeren Herausforderungen konfrontiert als früher?
Mit größeren kann ich nicht sagen, aber mit anderen. Mitarbeiter äußern ihre Wünsche und Anliegen heute viel deutlicher und klarer. Früher waren patriarchalisch-autoritative Führungskonzepte stärker verbreitet, und soziale Kompetenzen standen nicht so stark im Fokus. Das hat sich gewandelt. Aber gute Führungskräfte sind schon immer auf ihre Mitarbeiter eingegangen. Daher sind Arbeitsmodelle wie New Work nicht ganz neu. Momentan bekommen sie aber eine gewisse Dynamik und werden relevanter, weil sich durch die Digitalisierung Arbeitsstrukturen verändern und es durch die zunehmende Komplexität nicht mehr möglich ist, dass eine Person der Entscheider und Kontrolleur ist, der die Fäden in der Hand hält.

Was macht eine moderne Arbeitsweise aus?
Eine gute Führungskraft hat Leadership-Qualitäten: Sie setzt auf Komplementärdenken. Das heißt, sie sucht sich gezielt unterschiedliche Teammitglieder, mit Kompetenzen, die ihr selbst fehlen. In unserer schnelllebigen, komplexen Arbeitswelt können Lösungen eigentlich nur noch im Team liegen. Früher galt die Führungskraft als unfehlbar. Von einem Manager hat man erwartet, dass er Probleme löst. Heute sind zunehmend Führungskräfte gefragt, die auch zugeben, wenn sie mal etwas nicht wissen, und dann zu ihren Mitarbeitern sagen: »Lasst uns doch mal gemeinsam drüber schauen, ich brauche euch.« Das heißt aber nicht, dass »klassisches« Management nicht wichtig ist. Beides ist notwendig.

Welche Tipps würden Sie Führungskräften mit auf den Weg geben?
Grundsätzlich ist Selbstreflexion wichtig, zu überlegen, was gute Führung für einen selbst bedeutet. Man muss seine Mitarbeiter kennen, wissen, was sie möchten, wie sie sich entfalten wollen und wie man sie dabei  unterstützen kann. Dazu gehört, konstruktiv Feedback geben zu können. Führungskräfte brauchen generell eine Offenheit und ein Interesse an Menschen und den Willen, sich damit auseinanderzusetzen. Und nicht zuletzt mein Rat: Weg von den Stereotypen! Es gibt keine Jugend, die nur noch flexibel sein will und keine Sicherheit mehr braucht. Und es gibt auch nicht nur ältere Führungskräfte, die geistig verknöchert sind und ein Führungsbild von vorgestern haben.

Das vollständige Interview lesen Sie auf
www.hogapage.de

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