Das Geheimnis meines Erfolges – Tim Raue
von Clemens KriegelsteinEs gibt erfolgreiche Gastronomen, es gibt sehr erfolgreiche – und es gibt die wirklichen Big Player, die mit ihren Konzepten nicht immer konventionelle Wege gegangen, dabei stetig gewachsen sind und in der Branche nachhaltige Spuren hinterlassen haben. Im Gespräch mit HOGAPAGE erklären gastronomische Entrepreneure ihr Erfolgsrezept.
Tim Raue wurde 1974 in Berlin geboren. Nach seiner Ausbildung zum Koch folgten u.a. Stationen im Swissôtel Berlin und im Adlon. 2005 wurde er vom Gault&Millau zum »Aufsteiger des Jahres« gewählt. 2010 hat Tim Raue sich gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Marie-Anne Raue selbstständig gemacht. Im November 2011 erhielt das »Restaurant Tim Raue« 19 Gault&Millau-Punkte, nur ein Jahr später zeichnete der Guide Michelin das Restaurant mit zwei Michelin-Sternen aus. Im letzten November wurde Raue von Gault&Millau gar mit 19,5 Punkten geehrt. Inzwischen betreut er auch Brasserien in München, Konstanz und Berlin, Restaurants auf vier TUI-Kreuzfahrtschiffen sowie das »SPICES by Tim Raue« im A-Rosa-Hotel auf Sylt und das »The K – by Tim Raue« während der Wintersaison im Kulm Hotel St. Moritz.
Haben Sie ein gastronomisches/unternehmerisches Vorbild?
Tim Mälzer schätze ich, da er in seinem Segment, auch dank großartiger Mitarbeiter, grandios arbeitet. Für meine Geschäftspartnerin Marie-Anne und mich gab es auf unserem unternehmerischen Weg immer wieder Menschen oder Unternehmen, an denen wir uns orientiert haben, aber am wichtigsten war es uns stets, unseren eigenen und individuellen Weg zu gehen.
Was war Ihre größte Hürde auf dem Weg zum Erfolg?
Für mich persönlich ist es die größte Hürde, »NEIN« zu sagen, wenn mir Auftritte, Verträge und Kooperationen angeboten werden. Denn mein innerer Drang ist es, Gäste zu begeistern. Aber ich kann nun mal nicht allen entsprechen, und das Wichtigste in meinem Leben bin ich und meine Gesundheit – das habe ich auf die harte Art lernen dürfen. Disziplin, Ehrgeiz und Willensstärke sind die wichtigsten Zutaten zum Erfolg. Und man sollte auch leidensfähig sein, denn der Gewinner geht immer über seine Grenzen.
Gibt es Dos & Don’ts für ein erfolgreiches Gastronomiekonzept?
Mein Motto ist simpel: Koche nicht an den Gästen vorbei und frage dich, für welche Gäste du das jeweilige Konzept ersinnst. Sind die wirklich dort, wo du aufmachst? Außerdem: Passt das Interior-Design zum Ort und der angestrebten Klientel?
Was würden Sie einem jungen Koch raten, der vom eigenen Lokal/Unternehmen träumt?
Wenn du dir ganz sicher bist, dass du etwas kochen kannst, was die Menschen begeistert, und dir klar ist, dass du nichts anderes machen möchtest, dann mache es. Und suche dir einen Partner, der im Restaurant die gleiche Leidenschaft lebt wie du in der Küche.
Wie hat sich Ihr Geschäft in den letzten zehn Jahren verändert?
Das Geschäft verändert sich laufend. Vor zehn Jahren habe ich mit teils absurden Zutaten aus der chinesischen und japanischen Küche gekocht, die dort äußerst beliebt sind, aber bei Europäern überhaupt keine Begeisterung entfachen. Ich wollte etwas Außergewöhnliches und ganz anderes präsentieren als alle anderen Köche in Deutschland.
Auf welchen Erfolg sind Sie besonders stolz?
Stolz zu sein, fällt mir nicht leicht. Wirklich stolz bin ich aber darauf, dass wir so gut gebucht sind und unser Restaurant wirtschaftlich funktioniert. Ich habe mehrere Wochen gebraucht, um die Höchstnote im 2019er-Gault&Millau, mit nun 19,5 Punkten, zu begreifen. Und in ein paar Wochen werde ich sicherlich auch stolz darauf sein, es auf die »The World’s 50 Best Restaurants«-Liste geschafft zu haben. Das ist wahnsinnig geil, das habe ich noch nicht mal geträumt.
Was war Ihr größter unternehmerischer Fehler?
(Lacht) Da habe ich mir einige geleistet, und ich versuche, aus jedem Fehler zu lernen. Aber wer sich nicht auf neues Terrain begibt, der entwickelt sich auch nicht weiter. Ich bin ziemlich furchtlos und handle oft aus der Intuition heraus, sichere mich aber vertraglich meist so ab, dass ich die Möglichkeit habe, mich aus Projekten wieder herauszuziehen.
Gibt es Dinge, die Sie heute anders machen würden?
Nein.
Wie oft schauen Sie persönlich in all Ihren Lokalen/Betrieben vorbei?
Ich bin die Hälfte des Jahres im Restaurant Tim Raue und sonst sehr viel bei meinen anderen Projekten unterwegs. Generell überlasse ich den Restaurant-Managern und Küchenchefs einen Spielraum in der täglichen Arbeit. Ich möchte, dass sie sich entwickeln können und stetig verbessern.
Wie viele Stunden hat Ihr Arbeitstag im Schnitt?
Ich bin ab dem Moment, wenn ich morgens aufwache und online gehe, bis 23 Uhr abends stets erreichbar. Sonntags versuche ich, nicht zu arbeiten, und ich nutze vor allem die Reisezeiten, um mich zu entspannen.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.