Vom Azubi zum Küchenchef
Fotos: iStockphoto

Vom Azubi zum Küchenchef ...

Karriere mit Gastrolehre – eine Branche, viele Möglichkeiten

von Eva Schiwarth
Freitag, 08.04.2016
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Wenn man Jan Nöhre zuhört, wenn er von seinem Job redet, dann hat man das Gefühl, er hat alles richtig gemacht. Nach seiner Kochlehre in einer Sterneküche sammelte er in renommierten Restaurants berufliche Erfahrungen. 2006, da war er gerade einmal 20, wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. »Ich wollte alles anders, besser, organisierter machen, als ich es bisher gesehen hatte. Unsere Idee war und ist es noch heute, den Menschen das Restaurant nach Hause zu bringen. Wir wollen Qualität und hochwertige Speisen zu bezahlbaren Preisen für viele anbieten«, umschreibt Nöhre, heute Geschäftsführer und Inhaber des Catering-Unternehmens Catalogna aus Köln, seine Idee, die ihn vor zehn Jahren antrieb.

Jan Nöhre Geschäftsführer Catalogna
Jan Nöhre,  Geschäftsführer Catalogna.
Foto: Catalogna

Mit Anfang 20 in die Selbstständigkeit

»Wir hatten am Anfang keine Ahnung von der riesigen Catering-Branche und worauf wir uns da eingelassen haben. Wir haben in der Garage für unsere Flying Buffets gekocht, Geschirr gekauft statt gemietet – und sicher noch eine ganze Menge ­andere Fehler gemacht.« Catalogna gehört heute zu den Besten der Branche, stattet Events ab 30 bis 4.000 Personen und mehr aus und bietet den kompletten gastronomischen Service sowohl für die private Geburtstagsfeier als auch die Jahreshauptversammlung eines Dax-Konzerns.

Die Basis für diesen Erfolg sieht Nöhre auch in seiner soliden Berufsausbildung. »In der Kochausbildung lernt man, mit Lebensmitteln umzugehen, man kennt sein Produkt aus dem Effeff und kann es entsprechend verkaufen – am Büfett und beim Kunden. Dazu bekommt man ein paar Grundkenntnisse in der Kalkulation beigebracht. Den großen Rest musste ich lernen«, so Nöhre. Marketing, gesetzliche Grundlagen, Buchhaltung, welche Behörden müssen wann hinzugezogen werden – zu all diesen Themen hätte der Unternehmer am liebsten bereits in der Ausbildung mehr erfahren.

Jan Nöhre und sein Cateringservice
Mit seinem Catering-Service Catalogna stattet Jan Nöhre Events für
bis zu 4.000 Personen aus. Foto: Catalogna

Leidenschaft und gute Ideen sind gefragt

Jan Nöhre hat seinen couragierten Schritt in die Selbstständigkeit vor zehn Jahren nicht bereut. »In der Gastronomie kann man sich auch heute noch ohne Protegé und ohne reiche Eltern erfolgreich selbstständig machen – das geht viel leichter als in anderen Branchen«, ist er sicher. Egal ob Street Food, selbst gemachtes Eis oder Sternerestaurant – man brauche vor allem eine gute Grundidee, Leidenschaft, Spaß an den eigenen Produkten, dazu Willensstärke und Durchhalte­vermögen. Als Koch oder Küchenchef würde er heute wohl wie viele ältere (und nicht weniger erfolgreiche) Kollegen den ganzen Tag in der Küche stehen müssen und ständig präsent sein.

In der
Gastronomie kann man sich auch ohne reiche Eltern selbstständig machen

Jan Nöhre, Geschäfts­führer, Catalogna

»Als Unternehmer kann und muss ich ­jeden Tag aufs Neue kreativ sein. Wenn ich morgens eine Idee für ein Event habe, kann ich mich hinsetzen und ein Konzept schreiben. Nur den Kunden muss ich von meiner coolen Idee überzeugen. Wenn wir eine Veranstaltung ausstatten, dann kommen wir morgens in eine leere, ­kahle Halle. Abends ist alles fertig: Büfett, ­Möblierung, Dekoration – und die Leute sind einfach nur begeistert. Solche Erfolgserlebnisse bestätigen mich nicht nur, sie machen auch riesigen Spaß«, schwärmt der Gastronom von seinem Broterwerb.

Korbinian Kohler
Korbinian Kohler ist bei der Auswahl seiner Azubis trotz Fachkräftemangel
wählerisch. Hotel Bachmeier Weissach

Azubis sind Mangelware – das ist gut für die Azubis

Selbstständigkeit ist nur eine von vielen Optionen, die man nach einer Lehre in der Gastronomie hat. Begehrt sind Ausbildungsplätze in der Gastronomie jedoch nicht. Hohe Abbrecherquoten und Tausende unbesetzte Lehrstellen zeugen davon. Laut Gewerkschaft Nahrung-­Genuss-Gaststätten blieben 2014 knapp 35 Prozent aller Ausbildungsplätze für ­Restaurantfachleute und fast 20 Prozent für Köchinnen und Köche unbesetzt, im letzten Jahr konnten 60 Prozent der ­Betriebe nicht alle offenen Ausbildungsplätze vergeben.

Was den Unternehmen der Branche Sorgen bereitet, hat für den potenziellen Gastronomen-Nachwuchs mehrere Vorteile: Junge Leute, die ihre Leidenschaft in der Gastronomie sehen, können sich de facto ihren Ausbildungsbetrieb aussuchen. Als ausgebildete Fachleute können sie es dann – wenn sie es denn wollen – weit bringen.

Was Ausbildungsbetriebe für ihre Lehrlinge tun

»Ja, auch wir müssen nach Azubis suchen – das tun wir jedoch sehr genau und sortieren. Bei uns wird nicht jeder genommen«, sagt Korbinian Kohler, Inhaber und Geschäftsführer vom Hotel Bachmair Weissach in Rottach-Egern am Tegernsee. Das Haus bildet momentan 18 Lehrlinge als Koch oder Köchin und im Hotelfach aus. In diesem Herbst sollen Restaurantfachfrauen und -männer dazukommen. Korbinian Kohler weiß, dass guter Nachwuchs schwer zu finden ist und dass man ihn hegen und pflegen muss. Zu Beginn des Lehrjahres lernen die neuen Azubis in einem einmonatigen Einführungsprogramm die Basics in sozialer Kompetenz und erste berufliche Handgriffe. »Nach diesen ersten Wochen sind sie wesentlich selbstsicherer, haben mehr Spaß im Job und auch in der Schule«, so Kohler. Zur Motivation hat sich das Unternehmen außerdem ein System ausgedacht, welches gute schulische Leistungen finanziell honoriert. Kohler: »Das habe ich von meinem Vater geerbt – und es funktioniert. Wir hatten eine junge Frau, die ist nur mit Einsern aus der Berufsschule gekommen – über das Jahr hat sie sich 2.000 Euro dazuverdient.«

Barkeeper der gerade ein Glas befüllt
Die Gastronomie bietet vielseitige Karrieremöglichkeiten: z. B. in der
Küche, im Service oder an der Bar. Wer ehrgeizig ist, kann es zu etwas bringen.
Foto: iStockphoto.

Vom Barkeeper zum Geschäftsführer

Nach abgeschlossener Lehre sind die Möglichkeiten für einen schnellen beruflichen Aufstieg so gut wie in keiner anderen Branche – wenn der Arbeitgeber mitspielt. Vom Aushilfsjob an der Theke zum Geschäftsführer eines Restaurants – das ist bei der Enchilada Gruppe ein typischer Werdegang. Das Unternehmen aus der Systemgastronomie beschäftigt deutschlandweit rund 3.500 Mitarbeiter in mehr als 130 Restaurants. Mitarbeiter mit Potenzial, die für Führungsaufgaben geeignet sind, werden oft direkt aus den eigenen Reihen rekrutiert. Alter und Vorbildung sind dabei nicht so wichtig wie Motivation und Persönlichkeit. Nach der gastronomischen Fachausbildung (Fachkraft für Systemgastronomie oder Koch/Köchin) erhalten qualifizierte und motivierte Mitarbeiter in einem internen Traineeprogramm all das Wissen, das sie später als Küchenchef, Betriebsleiter, Geschäftsführer, Teilhaber oder Franchisepartner brauchen. »Neben unseren Traineeprogrammen, speziellen Recruitingdays und den klassischen Ausbildungen in der Gastronomie bieten wir seit 2015 verstärkt auch ein duales Studium Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Gastronomiemanagement an«, erklärt Heiderose von Malsen, Personal- und Recruiting-Chefin bei der Enchilada Gruppe. Hier konnte die Unternehmensgruppe bereits sehr gute Studenten und Studentinnen gewinnen.

Heiderose von Malsen
Heiderose von Malsen ist
Personal-Chefin bei der
Enchilada Gruppe.
Foto: Enchilada Gruppe

Professionelle Gastgeber sind überall gefragt

Und wer nach Lehre, ersten Berufsjahren und trotz guter Aufstiegschancen doch die Branche wechseln will, dem stehen schließlich weitere Wege offen. »Das sind Leute, die Dienstleistung wirklich gelernt haben. Die sind intelligent, haben Menschenkenntnis und Organisationstalent«, meint Hotelchef Kohler. Solche Talente werden überall gesucht, wo es um einen perfekten und freundlichen Kundenkontakt, um das lösungsorientierte Bearbeiten von Beschwerden und Reklamationen oder um das Organisieren vieler verschiedener Aufgaben geht. Autohäuser und Immobilienbüros, Pharmaunter­nehmen, Event- und Veranstaltungsfirmen, selbst Banken und Versicherungen in der Schweiz greifen gern auf die Gastro-Leute mit dem besonderen Service-Gen zurück.

Tipps zum Einstieg in die Branche

Welche Berufe werden wo ausgebildet?
Koch/Köchin, Restaurantfachmann/-frau, Fachkraft im Gastgewerbe: in Restaurants, Hotels, Kantinen, bei Catering-Unternehmen, in der Nahrungsmittelindustrie.
Fachmann/Fachfrau für Systemgas­tronomie: in der Fast-Food-, Erlebnis- und Konzeptgastronomie (z. B. McDonalds, Vapiano, Enchilada Gruppe). Neben klassischen Gastronomie-Kenntnissen liegt ein großer Schwerpunkt der Ausbildung im Kaufmännischen: Organisation von Abläufen, Personalplanung, Warenwirtschaft, Marketing, Rechnungswesen und Controlling.

Ausbildungsvoraussetzungen:
In allen Ausbildungsberufen reicht formal der Hauptschulabschluss. Die Ausbildungsbetriebe nehmen jedoch lieber Bewerber mit mittlerer Reife oder Abitur. Gute Schulnoten in Deutsch und Mathematik und mindestens einer Fremdsprache sind von Vorteil. Gute Umgangsformen und ein gepflegtes ­Äußeres sollte man ebenso mitbringen. Wegen Schicht- und Wochenenddienst müssen in vielen Betrieben die Azubis zudem volljährig sein.

Großes Unternehmen oder kleines Lokal?
Das ist zunächst abhängig von persönlichen Vorlieben. Weil es jedoch bundesweit weniger Bewerber als Ausbildungsplätze gibt, können Bewerber sich oft ihren Ausbildungsbetrieb aussuchen. Sie sollten deshalb ruhig nachfragen: Wer bietet mir ein gutes Ausbildungskonzept? Wie ist das Betriebsklima? Wie werde ich in der Ausbildung unterstützt? Wie hält man es mit der Einhaltung von Arbeitszeitregelungen? Welche Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen habe ich nach Abschluss der Lehre?

Liegt mir die Branche?
Das kann man am besten durch Ausprobieren feststellen, zum Beispiel in einem Praktikum oder Nebenjob.

Wo finde ich offene Lehrstellen?
Oft schon hat  simples Nachfragen im Restaurant zu einem Ausbildungsplatz geführt. Ansonsten: auf den Webseiten der Unternehmen, in Tages- und Wochenzeitungen, auf branchenweiten oder unternehmensinternen Recruiting-Veranstaltungen und natürlich auf unserer HOGAPAGE.de-Jobbörse.

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