Ausbilder in der Küche
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Freiwillige vor!

von Petra Sodtke
Sonntag, 01.07.2018
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Deshalb sind gut geschulte Ausbilder und Betriebe, die die richtigen Rahmenbedingungen für die Talententwicklung schaffen, ein absolutes Muss für die Branche. Wie man den besten Nährboden für den jungen Nachwuchs schafft, was einen guten Ausbilder ausmacht und was man von Rechts wegen beachten sollte – hier sind die Antworten.

Einfach mal so« Lehrlinge/Azubis ausbilden, das geht nicht. Drei Punkte sind in Deutschland gemäß Berufsbildungsgesetz erforderlich, um sich selbst auf den Nachwuchs loslassen zu dürfen: erstens ein Berufsabschluss oder mehrjährige Berufserfahrung im Ausbilderberuf (berufliche Eignung). Zweitens pädagogische Kenntnisse, erworben durch Meisterprüfung oder »AdA-Schein« (Ausbilderschein) gemäß AEVO (Ausbilder-Eignungsverordnung). Drittens die persönliche Eignung, die im Gesetz allerdings nur in Form von Ausschlussmerkmalen definiert ist (als ungeeignet gilt bspw., wer nachweislich rechtsradikales Gedankengut verbreitet).

Die Regelungen in Österreich und der Schweiz sind ähnlich, abgesehen von einigen länderspezifischen Abweichungen und unterschiedlichen Fachtermini. In Österreich heißt der AdA-Schein etwa Ausbilderprüfung, erste Anlauf- und Prüfungsstellen sind die jeweiligen nationalen ­Industrie- und Handelskammern oder Wirtschaftskammern (IHK, WKO). In der Schweiz muss man, um die Ausbildungsbewilligung beim Berufsbildungsamt seines Kantons zu erhalten, einen drei- bis fünftägigen Berufsbildnerkurs bei einem Anbieter nach Wahl absolvieren.

Die Ausbildungskosten variieren, abhängig u. a. vom (Bundes-)Land: Für die Prüfungsgebühr berappt man mindestens um die 100 Euro, einen Platz im (nicht vorgeschriebenen) Vorbereitungskurs bekommt man ab 300 Euro (Tipp: Es gibt viele Anbieter, teuer ist nicht unbedingt gleich besser, vergleichen!). Eine gute Recherche ist ratsam (siehe Info-Kasten: Web-Tipps, weiterführende Links).

Habe ich das Zeug zum Ausbilder?

Was das Gesetz nicht vorgibt, ist ein konkreter Kriterienkatalog, anhand dessen man herausfinden kann, ob man überhaupt das »Zeug« zum Ausbilder hat. Hier ist eine kritische Selbstanalyse der eigenen Stärken und Schwächen als Hausaufgabe unabdingbar. Denn eines sollte man sich bewusst machen: Ausbilder sind nicht nur verantwortlich für die fachliche Qualifizierung ihrer Lehrlinge. Sie prägen auch den weiteren Verlauf des Berufs- und Lebensweges ihrer jungen Schüler im positiven oder im negativen Sinne entscheidend mit – durch ihr Verhalten und Engagement. Mehr noch: Sie formen die Branche mit. Schließlich kämpfen die Hotellerie und die Gastronomie seit Jahren mit einem schweren Nachwuchsproblem und hohen Abbruchzahlen von Lehrlingen gerade im ersten Lehrjahr.

»Ein guter Ausbilder ist meiner Einschätzung nach einer, der seinen Beruf mit sehr viel Herzblut und Umsicht macht und sein großes Fachwissen ebenso vermitteln kann«, sagt Barbara Kleewein, Personalbeauftragte des für seine Lehrlingsausbildungsarbeit ausgezeichneten Parkhotels Pörtschach in Kärnten (www.parkhotel-poertschach.at). Wer als einzige Motiva­tion hat, mit seiner Weiterbildung zum Trainer die eigene Karriere zu befeuern oder dem eigenen Betrieb ein besseres Image zu verschaffen, wird mit dieser egozentrischen Einstellung Nachwuchskräften und Branche wohl keinen guten Dienst erweisen können.

Wer diese Schlüsselkompetenz nicht besitzt, sollte nicht ausbilden

Fragt man Berater und Top-Ausbildungsbetriebe nach der Schlüsselkompetenz, die eine Lehrkraft unbedingt haben sollte, kommt diese Antwort wie aus einem Munde: Empathie. »Ein guter Ausbilder ist immer gleichzeitig auch ein guter Zuhörer. Einer, der sich in andere, in jeden Schüler individuell, hineinversetzen kann. Nur so gewinnt ein Lehrling die Sicherheit: Der will das Beste für mich«, sagt Führungskräfteberater Bernd Geropp (www.mehr-fuehren.de).

Ein empathischer Lehrer bezieht in seine Handlungen und Äußerungen ein, dass sich Lehrlinge an einem Wendepunkt ihres Lebens befinden: raus aus Schule und Hotel Mama, rein ins Berufsleben, wo man erstmals echte Verantwortung übernehmen muss. Das fällt vielen jungen Leuten extrem schwer. Geropp: »Wer als Ausbilder hier nicht Geduld – viel Geduld – mitbringt, scheitert. Wenn Lehrlinge zehnmal dasselbe fragen und dasselbe wieder vergeigen, denkt ein fähiger Trainer: In 99 Prozent der Fälle machen das Azubis nicht, weil sie mich ärgern wollen, sondern, weil sie es derzeit einfach nicht besser können. Und dann hilft er seinen Schülern, weil er das als seine wichtigste Aufgabe ansieht.«

Was nicht heißt, dass er alles grenzenlos erduldet, ergänzt der Experte: »Ein kompetenter Ausbilder fördert und fordert angemessen. Er ist weder Kumpel noch Diktator. Sondern ein Mentor, der mit gutem Beispiel vorangeht und im Gespräch Einsicht zu schaffen versteht, wenn’s bei der Disziplin hapert. Er weiß, wie man Erwartungen klar formuliert und konsequent einfordert. Und er hat die Stärke, in Ruhe und ohne Vorwurf auszusprechen: Alle Maßnahmen sind erschöpft, wir passen nicht zusammen, wir lösen den Vertrag. Sein Denkmodus ist also ›Das passt/passt nicht‹ statt des anklagenden ›Du bist richtig/falsch‹.« Ein Interesse für Themen der (Konflikt-)Kommunikation und der Wille zur regelmäßigen Weiterbildung gehören zur Trainer-Persönlichkeit.

Den idealen Ausbilder? Den bäckt man sich am besten selbst

Wie rekrutieren die besten Ausbildungsstätten ihre Ausbilder? Auch hier gibt es ein klares Muster: Die obersten Lehrlingsausbilder kommen in der Regel von intern, sie sind langjährig gediente Fachkräfte in Führungspositionen und bilden in ihrem Bereich aus (bspw. der Chefkoch die Küchen-Azubis, der Maître die Servicekräfteusw.). Zusätzlich kümmern sich HR-Experten um die personalorganisatorischen Belange der Azubis. Externe (bspw. Kommunikations-)Trainer werden regelmäßig für Schulungen und Weiterbildungen gebucht, maßgeschneidert für den Nachwuchs, Führungskräfte/Ausbilder, andere Mitarbeiter.

Barbara Kleewein vom Parkhotel Pörtschach: »Alle unsere Ausbilder sind auch selbst bei der Wirtschaftskammer beschäftigt und holen sich dort zusätzliche Inputs, um als Trainer up to date zu bleiben.« Ähnlich handhaben das die vielfach für ihre Lehrlinge und Lehrlingsarbeit ausgezeichneten Johannesbad Hotels im bayrischen Bad Füssing (www.johannesbad-hotels.com). Worauf achten sie bei der Auswahl ihrer Ausbilder besonders? Ralf Müller, ­Geschäftsbereichsleiter Hotellerie, sagt: »Fachliche Eignung, In- und Auslandserfahrung sind ein Muss, Zusatzausbildungen, bspw. als diätisch geschulter Koch, von Vorteil. Am meisten achte ich aber auf eine ausgeprägte empathische Kompetenz und ein ehrliches Interesse, viel Neugier für andere Länder und Kulturen und die Fähigkeit, Austausch zu fördern.«

Alles in einem: Lehrer, Mentor, Krisenlöser, Feelgood-Manager

»Heutzutage holen viele Betriebe Lehrlinge aus dem Ausland, spendieren ihnen maximal einen Deutschkurs, kümmern sich dann aber nicht weiter um sie. Und dann wundern sie sich, wenn die jungen Leute entsetzt das Weite suchen«, sagt Ralf Müller. Anders in den Johannesbad Hotels: Hier organisieren Ausbilder für Azubis aus anderen Ländern Sommerfeste und Themenabende, bei denen die neuen Kollegen in lockerer Atmosphäre über ihre Heimat erzählen und das Team mit ihren Nationalgerichten bekochen dürfen. Auch dürfen sich Lehrlinge als Führungskraft auf Zeit ausprobieren, um berufliches Selbstbewusstsein zu tanken, die Trainer bereiten sie darauf intensiv vor (HR Excellence Award, Stevie Award für das Projekt »La Dolce Vita«).

Der Ausbilder-Beruf hat mittlerweile ein vielfältiges Anforderungsprofil entwickelt und vereint Tätigkeiten vom klassischen Lehrer-Sein bis hin zum modernen Feelgood-Manager. Selbsterklärend ist, dass alle im Betrieb, vom einfachen Mitarbeiter bis zum Chef aufwärts, gefordert sind, ein unterstützendes Umfeld für die Trainer zu schaffen, damit die Lehrlingsarbeit auch erfolgreich realisiert werden kann.

Eine wichtige Aufgabe: Erwartungen richtigstellen

Den Lehrlingen zuzuhören und ihnen auch etwas zu bieten, statt nur zu fordern, gehört zur Aufgabe eines Ausbilders und einer Ausbildungsstätte. Ihnen aber auch die Realitäten des Branchenalltags nahezubringen und Erwartungen zeitgerecht richtigzustellen, ist mindestens ebenso wichtig. Die junge Generation ist aufgewachsen mit den in den Medien vielfach transportierten Bildern eines modernen Berufslebens in ach so lockeren Betrieben mit Start-up-Mentalität: Jeder darf, jeder kann, niemand muss, Disziplin ist per se schlecht. Eine verzogene Realität also, die es so in der Hotellerie und Gastronomie garantiert nicht gibt.

Bernd Geropp: »Erwartungen richtigstellen, das fängt bei der Stellenausschreibung an und endet bei der täglichen Arbeit des Ausbilders. Statt jahrzehntealte Floskeln, die sowieso keiner glaubt, wiederzukäuen und Dinge schönzufärben, besser Klartext sprechen: Ja, wir arbeiten viel, es wird oft hart werden, aber dafür bekommt ihr dieses und jenes von uns, das sind unsere Besonderheiten (USP).«

Fazit: Wer ein guter Ausbilder werden will, muss sich heutzutage viele Kompetenzen und Fähigkeiten aneignen – vielleicht mehr als je zuvor. Die Branche braucht dringend solche engagierten Leute. In diesem Sinne: Ärmel hochgekrempelt und Freiwillige vor!

Web-Tipps:

Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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