Drohung mit körperlicher Gewalt gegen den Vorgesetzten rechtfertigt fristlose Kündigung
Foto: kzenon via Getty Images

Drohung mit körperlicher Gewalt gegen den Vorgesetzten rechtfertigt fristlose Kündigung

Recht so? Expertenkolumne, was Unternehmen jetzt wissen müssen!

von Kristina Harrer-Kouliev/Alexandra Schmidt
Montag, 06.05.2024
Artikel teilen: 

In diesem Beitrag stellen wir die Entscheidung des BAG und die rechtlichen Auswirkungen vor.

Was ist passiert?

Der Kläger war bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Im Jahr 2020 hatte der Kläger bereits eine Abmahnung erhalten. Die Beklagte warf dem Kläger vor, entgegen der Dienstanweisung die Fahrgelder nicht rechtzeitig eingezahlt zu haben. Nach dem Erhalt weiterer Abmahnungen suchte der Kläger seinen Vorgesetzten in dessen Büro auf und bedrohte diesen mit den Worten: „Ihr Ochsen, wenn ich noch einmal einen von euch vor meiner Haustür oder meinem Briefkasten sehe, werde ich euch schlagen, dann kann nicht mal die Polizei euch helfen“ und „Ochse, du musst in Zukunft auf dich und deine Familie achten.“

Als die Beklagte von diesen Aussagen hörte, erwog sie die Kündigung des Klägers und hörte dazu den Betriebsrat an. Dabei gab sie versehentlich an, der Kläger sei ledig und kinderlos. Dem Betriebsrat war bekannt, dass der Kläger verheiratet war und ein Kind hat. Aufgrund der Unterhaltspflichten des Klägers widersprach der Betriebsrat in einer ausdrücklich als „abschließend“ bezeichneten Stellungnahme der Kündigung. Dennoch kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos. Dieser erhob dagegen Klage.

Wie hat das Gericht entschieden?

Der Kläger hatte keinen Erfolg. Das BAG hat bestätigt, dass die fristlose Kündigung wirksam war und das Arbeitsverhältnis beendet hat.

Der Kläger habe seinem Vorgesetzten und dessen Familie ernsthaft gedroht. Diese Bedrohung stelle einen fristlosen Kündigungsgrund dar. Eine Drohung mit körperlicher Gewalt sei so schwerwiegend, dass der Kläger auch nicht vorher abgemahnt werden musste.

Dass die Beklagte dem Betriebsrat die Unterhaltspflichten nicht angegeben habe, spiele keine Rolle. Die Falschangabe erfolgte versehentlich. Dem Betriebsrat waren die Familienver-hältnisse ohnehin bekannt, er habe in Kenntnis der Familienverhältnisse ausdrücklich abschließend Stellung genommen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Aufgrund dieses Urteils können Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Bedrohung von Vorgesetzten oder Kollegen einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Insbesondere wenn mit körperlicher Gewalt gedroht wird, ist keine vorhergehende Abmahnung erforderlich. Zudem wird bestätigt, dass versehentliche Falschangaben in der Betriebsratsanhörung nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Anhörung führen. Trotzdem sollte die Betriebsratsanhörung sorgfältig vorbereitet werden. 


Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Foto: BdS

Die Autorinnen

Kristina Harrer-Kouliev

Kristina Harrer-Kouliev ist Fach­anwältin für Arbeitsrecht, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS sowie ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Berlin. Ihr Jurastudium hat sie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen absolviert.

Alexandra Schmidt

Alexandra Schmidt ist seit Januar 2023 als Syndikusrechtsanwältin und Referentin beim Bundesverband der Systemgastronomie in München tätig. Sie studierte Jura an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München

Weitere Artikel aus der Rubrik Karriere & Ratgeber

Artikel teilen:
Überzeugt? Dann holen Sie sich das HOGAPAGE Magazin nach Hause!