Das neue Hinweisgeberschutzgesetz
Recht so? Expertenkolumne, was Unternehmen jetzt wissen müssen!
von Kristina Harrer-Kouliev/Alexandra SchmidtEin Beispiel: Eine Altenpflegerin meldete bei ihrem Arbeitgeber Personal- und Qualitätsmängel bei der Pflege der älteren Menschen. Als diese Missstände nicht beseitigt wurden, zeigte sie ihren Arbeitgeber bei der Polizei an. Daraufhin wurde ihr fristlos gekündigt.
Und genau diese Menschen, die ernsthaft Verstöße befürchten und diese Verstöße melden, will das Gesetz schützen. Aber auf die Unternehmen kommen durch das Gesetz wieder neue Pflichten zu. Vor allem müssen Unternehmen ab 50 Beschäftigten interne Meldekanäle zur Meldung von Verstößen einrichten (sog. interne Meldestelle). Diese Pflicht gilt für Unternehmen ab 250 Beschäftigten seit 2. Juli 2023. Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten gilt diese Pflicht erst ab 17. Dezember 2023.
Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle
Zuerst ist zu ermitteln, wie viele Beschäftigte im Unternehmen tätig sind. Gezählt werden müssen alle im Unternehmen tätigen Beschäftigten, auch Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte zählen als volle Person.
Wie muss die interne Meldestelle aussehen?
Meldestelle kann z. B. ein Briefkasten, eine E-Mail-Adresse, Telefon-Hotline sein oder es können externe Dienstleister beauftragt werden. Wichtig ist, dass die Meldung vertraulich behandelt wird. Die Identität der Hinweisgeber darf nur ausnahmsweise weitergegeben werden.
Wer darf sich an die interne Meldestelle wenden?
An die interne Meldestelle dürfen sich Personen wenden, die im Zusammenhang mit oder im Vorfeld ihrer beruflichen Tätigkeit Verstöße melden. Dazu gehören Arbeitnehmer, Zeitarbeitskräfte, Auszubildende, Praktikanten und optional Lieferanten oder Kunden.
Welche Vorfälle darf man melden?
Es muss sich um einen Verstoß aus dem beruflichen Kontext, gegen bestimmtes EU-Recht oder bestimmtes nationales Recht handeln. Dazu gehören Verstöße gegen Strafrecht sowie Verstöße gegen Vorschriften, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leib, Leben, Gesundheit oder der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Privates darf nicht gemeldet werden.
Wie werden die hinweisgebenden Personen geschützt?
Hinweisgeber dürfen nicht benachteiligt werden. D. h. Arbeitgeber dürfen Hinweisgeber aufgrund ihrer Meldung nicht abmahnen oder gar kündigen. Behaupten Hinweisgeber z. B. in einem Kündigungsschutzprozess, sie seien nur aufgrund einer Meldung gekündigt worden, müssen Arbeitgeber beweisen, dass die Kündigung aus anderen Gründen erfolgt ist.
Was, wenn Arbeitgeber keine interne Meldestelle einrichten?
Dann kann ab Dezember 2023 ein Bußgeld verhängt werden.
Die Autorinnen
Kristina Harrer-Kouliev
Kristina Harrer-Kouliev ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS sowie ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Berlin. Ihr Jurastudium hat sie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen absolviert.
Alexandra Schmidt
Alexandra Schmidt ist seit Januar 2023 als Syndikusrechtsanwältin und Referentin beim Bundesverband der Systemgastronomie in München tätig. Sie studierte Jura an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München