Das Bürokratiemonster und die zu kurz gedachte Reform
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Das Bürokratiemonster und die zu kurz gedachte Reform

Recht so? Expertenkolumne, was Unternehmen jetzt wissen müssen!

von Kristina Harrer-Kouliev/Alexandra Schmidt
Montag, 08.07.2024
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An einigen Stellen mag das Verschriftlichen, Aufbewahren und Dokumentieren gewiss sinnvoll sein, in den meisten Fällen erscheint es heute jedoch schlicht überflüssig und belastend.     

Gerade für Arbeitgeber sehen die Gesetze nach wie vor einige Bürokratiehürden vor, die es  schnellstens abzubauen gilt. Die im Grunde gute Idee der Regierung, dieses Problem mittels eines Bürokratieentlastungsgesetzes anzugehen, ist zu begrüßen und der Schritt dringend nötig, jedoch reichen die Vorschläge lange nicht weit genug.

Mehr als überfällig

Angefangen bei der Aufbewahrung von Personalakten über die Vorgabe eines schriftlichen Arbeitsvertrags bis hin zu den Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG): Das sind nur einige der bürokratischen Hürden, die es Arbeitgebern schwer machen. 

Um u. a. in diesem Bereich Abhilfe zu schaffen, hat die Bundesregierung ein „Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (Vier­tes Bürokratieentlastungsgesetz – BEG IV) beschlossen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation mit multiplen Krisen, stockender Konjunktur und einer massiv angespannten Haushaltslage war das längst überfällig.

Warum wurde die Systemgastronomie hinten angestellt?

Zwar können die vorgesehenen Verkürzungen der Aufbewahrungsfristen von Buchungsbelegen im Handels- und Steuerrecht und der Abbau von Melde- und Informationspflichten, z. B. im Arbeitszeit- und Jugendarbeitsschutzgesetz, viele Prozesse in der betrieblichen Praxis erleichtern, aber wir haben uns mehr erhofft.

Vor allem die vorgesehenen Änderungen im Nachweisgesetz (NachwG) reichen lange nicht aus. Zwar soll im Nachweisgesetz eine Regelung geschaffen werden, wonach Arbeitsverträge zukünftig auch in elektronischer Form geschlossen werden können, ausgenommen von der Erleichterung sind aktuell jedoch die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – darunter auch die Gas­tronomiebranche.

Dringender Nachholbedarf

Nicht nachvollziehbar ist, warum speziell die Gastronomie als beschäftigungsstarke Branche von der Erleichterung ausgenommen ist und weiterhin darauf bestanden wird, dass Arbeitsverträge schriftlich geschlossen werden. Die Branche unterliegt bereits zahlreichen Nachweis- und Aufzeichnungspflichten. Gründe, weshalb gerade im Bereich der Gastronomie ein erhöhtes Missbrauchsrisiko bei Erleichterungen in Bezug auf Nachweisverpflichtungen bestehen soll, ergeben sich daher nicht. Kritik an der insbesondere für die Gastronomiebranche nicht weit genug reichenden Entlastung kam nun richtigerweise auch vom Bundesrat.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich dies auf den Gesetzentwurf auswirkt und ob es zu der dringend erforderlichen Entlastung kommt. Dringend notwendig ist, dass sämtliche Branchen – und vor allem die Gastronomie – von den geplanten Erleichterungen profitieren.


Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Foto: BdS

Die Autorinnen

Kristina Harrer-Kouliev

Kristina Harrer-Kouliev ist Fach­anwältin für Arbeitsrecht, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS sowie ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Berlin. Ihr Jurastudium hat sie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen absolviert.

Alexandra Schmidt

Alexandra Schmidt ist seit Januar 2023 als Syndikusrechtsanwältin und Referentin beim Bundesverband der Systemgastronomie in München tätig. Sie studierte Jura an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München

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