Berufsporträt: der Sommelier
Weinexperte plus x hoch zwei
von Sebastian BütowErst riecht Kevin Czok konzentriert an dem 2003er Cuvée XR vom Weingut Knipser aus Laumersheim in seinem Glas. Dann nippt er daran. »Vollreife Kirsche, eingekochte Brom- und Himbeeren, schwarze Johannisbeere, eine präsente, aber samtig-weiche Tanninstruktur, kombiniert mit leichten rauchig-würzigen Anklängen von Tabak und Cayennepfeffer. Eine formidable pfälzische Interpretation einer klassischen Bordeaux-Cuvée, die ihresgleichen sucht«, urteilt der 26-Jährige und schwenkt das Weinglas nochmals leicht in der Luft, um die kraftvolle rubinrote Farbe zu begutachten.
Der smarte junge Mann aus Heidelberg weiß genau, wovon er spricht, denn er
ist Sommelier. Seit Ende Juli hat er sein Zeugnis mit dem staatlich geprüften Abschluss an der Hotelfachschule Heidelberg in der Tasche.
Irgendwie musste es so kommen: aufgewachsen in einem Weinanbaugebiet, der schönen Pfalz, seine Eltern Gastronomen. Und da ist – natürlich – seine ausgeprägte Weinleidenschaft. »Es ist ein sehr umfangreiches Thema«, schwärmt Kevin Czok. »Selbst nach 30 oder 40 Jahren Berufserfahrung kann ein Sommelier noch etwas dazulernen. Es gibt immer wieder neue Trends, immer wieder neue Züchtungen und Kreuzungen, es wird viel probiert und getestet. Diese Mannigfaltigkeit ist einfach faszinierend!«
Berufsbezeichnung ist nicht geschützt
Ein weites Feld also, der Beruf des Sommeliers (weibliche Form: Sommelière). Dennoch ist der Titel nicht geschützt, auch eine geschulte Servicekraft im normalen Restaurantbetrieb darf sich als Sommelier bezeichnen. Darüber lässt sich jedoch streiten angesichts weltweit 10.000 verschiedener Rebsorten, von denen knapp ein Viertel zur Weinproduktion zugelassen ist – von den extremen Qualitätsunterschieden ganz zu schweigen.
Weinkenntnisse allein reichen nicht
Ein Sommelier muss zudem noch viel mehr können, als sich mit Weinen auszukennen. Er muss die Organisation, Präsentation und Kontrolle des Weinangebots beherrschen und benötigt soziale Kompetenzen, etwa Menschenkenntnis, Fingerspitzengefühl und Charme. Und um das Wesentliche nicht zu vergessen: Ein ausgezeichneter Geschmacks- und Geruchssinn sind ebenso unabdingbar wie weinspezifische Sprachkenntnisse. »In der Weiterbildung fiel mir das meiste recht leicht, aber für Französisch musste ich viel lernen«, erinnert sich Denise Horlbeck, die seit einem Jahr als Sommelière im Frankfurter »Breeze by lebua« im Steigenberger Frankfurter Hof tätig ist.
Auch Zahlen spielen eine Rolle
»Das Kaufmännische wird heutzutage immer wichtiger«, sagt Kevin Czok. »Der finanzbuchhalterische Teil meiner zehnmonatigen Weiterbildung war für mich definitiv die größte Herausforderung.« Martin Dannenmann, Leiter der Hotelfachschule Heidelberg, ergänzt: »Der moderne Sommelier braucht betriebswirtschaftliche Kompetenzen, insbesondere in Bezug auf Kalkulation und Marketing. Und er muss höheren kommunikativen Ansprüchen gerecht werden.« Neben der Wein-Beratung/-Empfehlung gehört ebenso das fachgerechte Servieren zum Job.
Ein Sommelier ist nicht selten Getränke-Allrounder
Ein klassischer Sommelier in einem ( Hotel-) Restaurant geht mit den Küchenkollegen die Karte der kommenden Wochen durch, probiert die Speisen. Welche Weine bzw. Getränke passen dazu? Längst überschreitet das Portfolio vieler Sommeliers nämlich die Weinkarte, vielmehr werden auch Biere, Mineralwasser, Aperitifs und Digestifs empfohlen – der moderne Sommelier ist also eine Art Getränke-Manager. Die fachlichen Ansprüche sind definitiv gestiegen. »Das höhere Allgemeinwissen in puncto Wein trägt zudem dazu bei, dass die Anforderungen an Sommeliers steigen«, sagt Dannenmann. Mit Frankreich und Italien alleine kommt man nicht mehr aus. Sommeliers brauchen ebenso Kenntnisse der neuen Weinwelt und Wissen über spezifische Ausprägungen – aktuell liegen beispielsweise vegane Weine hoch im Kurs.
Regelmäßig Weingüter, Events und Fachmessen besuchen
Sommeliers besuchen Weingüter und Events wie die internationale Fachmesse ProWein – immer auf der Jagd nach besonderen Tropfen. »Während der Weiterbildung haben wir in zehn Monaten rund zehn Exkursionen gemacht, unter anderem in die Champagne und nach Burgund«, berichtet Czok. »Die Champagne war für mich die schönste Exkursion. Wir waren auch bei Bollinger und Charles Heidsieck (namhafte Champagner-Hersteller, d. Red.), durften seine 2000 Jahre alten Keller besichtigen. Atemberaubend!« Auch Besuche bei kleineren Winzergenossenschaften standen auf dem Programm.
Logisch, dass solche Exkursionen den Sommelier-Horizont mehr als erweitern. »Man würdigt die Produkte, die an diesen Orten ihren Ursprung haben, umso mehr, wenn man einmal selbst dort war. Auf manchen Weingütern hatte ich das Gefühl, ich würde heiligen Boden betreten«, schmunzelt Czok, dessen Leidenschaft für Wein bei jedem Halbsatz durchklingt. »Die Faszination für Weine gehört einfach dazu – ansonsten ist man meines Erachtens in diesem Beruf falsch aufgehoben«, findet Czok.
Wie werde ich Sommelier? Die wichtigsten Infos
Auf der Hotelfachschule Heidelberg muss man »einen mittleren Bildungsabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Gastronomie, im Handel oder eine Winzerlehre sowie mehrjährige Berufserfahrung mitbringen«, so Schulleiter Martin Dannenmann.
Ob in Vollzeit oder berufsbegleitend, eine Gastro-Lehre und etwas Berufserfahrung sind immer Voraussetzung. Viele Studenten beziehen BAföG, arbeiten nebenbei im Service. Die Abschlussprüfungen der verschiedenen Weiterbildungs-Institutionen laufen in der Regel über die IHK, in Heidelberg wird jedoch eigenständig geprüft.
Umfangreicher Lehrplan
Bei der Weiterbildung stehen meist die Fachrichtungen »Gastronomie« und »Handel« zur Auswahl. Der Lehrplan umfasst die Weinländer der Welt, aktuelle Trends und Entwicklungen, die Aspekte der Sensorik, Verkostungstrainings, Getränkekunde und Fragen des Weinrechts. Außerdem betriebswirtschaftliche Grundlagen und Marketing.
Und wie steht es um die Chancen, einen Job als Sommelier zu ergattern? »Unsere Absolventen kommen problemlos unter«, sagt Martin Dannenmann. »Allerdings ist unverkennbar, dass die traditionelle gehobene Gastronomie eher stagniert, in den Städten spezielle Konzepte wie etwa Weinbars aber boomen. Demgegenüber entdecken der Handel und Großhandel, Weingüter und Genossenschaften immer mehr den Sommelier. Durch ihre Prägung in der Gastronomie und ihre Gästeorientierung werden sie von diesen Branchen sehr gerne eingestellt.«
Beispiele für verschiedene Weiterbildungen zum Sommelier – Kosten und Dauer
- Verschiedene Modelle und Zeitstrecken, von »kompakt- intensiv« bis berufsbegleitend,
- »Sommelier/Sommelière Handel Vollzeit« u. a.
- Lehrgangsgebühren zwischen 2.950 und 4.300 Euro,
- jeweils zzgl. Prüfungsgebühr
- Alle Infos: www.iwi-edu.eu
Sommelier (IHK), Teilzeitlehrgang an der Wein- und Sommelierschule Würzburg
- Dauer: 10 Monate
- Kosten: 4.290 Euro,
- zzgl. Prüfungsgebühr 400 Euro
- Alle Infos: www.wuerzburg.ihk.de
Fernstudium Sommelier (IHK)
- an der Deutschen Hotelakademie
- Dauer: 14 Monate
- Kosten: 2.926 Euro,
- zzgl. IHK-Prüfungsgebühr
- Alle Infos: www.dha-akademie.de