Zwischen Steiermark und Fernost
von Gabriele GugetzerGewürze, Öle, Salze und Kräuter sind der Zauberkasten der Köche. Wie alles in dieser sich immer schneller drehenden Welt unterliegen auch sie gewissen Moden. Die Industrie holt ihre Impulse aus Fernost, Indien ist im Kommen, Kräutergärten lassen Basilikum und Bärlauch hinter sich.
https://www.hogapage.de/nachrichten/foodEin Garten in der Stadt
Rob Valls ist der neue Küchenchef im Steigenberger Hotel München. Das Hotel war früher ein Bürogebäude, ein klassischer Garten konnte nicht angelegt werden, doch den brauchte er für seine Aromenmissionen. Also legte er Hochbeete für bayerische und für exotische Kräuter an, mit Platz darunter für Beeren und essbare Blüten. Die Hauptprodukte der Küche bleiben bayerisch, aber Valls will eine asiatische Ebene einbeziehen. Das Thema »umami« bietet sich als Mittler zwischen den Welten an, Liebstöckel ist ein solcher Geschmacksträger. Einst als Maggikraut verschrien, erkennt Rob Valls sein großes Potenzial auch deshalb, weil er als Amerikaner mit unserem urbayerischen Kraut keinerlei Berührungsängste hat. Neben Liebstöckel wachsen Langer Koriander und Tee (!). Das Experimentieren mit den grünen Blättern hat er in Hongkong gelernt – in die Richtung Laucharoma soll das gehen.
Asien und Indien
In der asiatischen Küche läuft nichts ohne ein ganzes Orchester an Gewürzen. Wer da mithalten will, braucht ein ausgesprochen gut sortiertes Arsenal an Würzmitteln – oder greift auf die hochwertigen Produkte aus der Industrie zurück: Nestlé Professional hat z. B. einige flüssige Konzentrate und Pasten neu im Programm, neben Zitronengras auch Black Garlic. Dieser gereifte Knoblauch ist sozusagen fahnenfrei, schmeckt milder, mit süßer Note. Er passt zu allem, was in die moderne asiatische Richtung gehen soll, als Marinade zu Schweinebauch und Ente, in Bowls, zum Streetfood. Die Nestlés empfehlen eine Emulsion – 100 g Eiweiß auf 400 ml Traubenkernöl und 60 g Black Garlic.
Längst überfällig, wird nun auch Indien entdeckt. Im deutschsprachigen Raum leidet es bislang unter dem Makel des Studentenfutters (über eine Ausnahme in der Schweiz weiter unten), während es in London indische Küche auf Michelin-Format gibt. Solche Dimensionen visiert Wiberg an. Sie haben einen Gewürzcocktail neu im Sortiment, den man lange nur im asiatischen Supermarkt bekam. Garam Masala mit Kreuzkümmel, Zimt, Kardamom, Koriander, Ingwer, Chili wird zu Gemüse und Couscous, zu Hülsenfrüchten und Ragouts empfohlen. Auch Tandoori bietet vielfältige Würzmöglichkeiten, beispielsweise für Ofengemüse, sagt Christian Berger vom Wiberg-Entwicklungsteam.
Dass Gewürze Speisen nicht nur geschmacklich abrunden, sondern verträglicher machen und deshalb zu unserer Gesundheit beitragen, ist der Grundgedanke von Ayurveda. Ayurvedareisen erfreuen sich seit Jahren enorm steigender Beliebtheit und sind keinesfalls im Studentenbudget. Vielleicht ist auch das ein Aufhänger für Gastronomen hierzulande; wer wissen will, wie Ayurveda schmeckt, muss mittlerweile nicht mehr nach Sri Lanka fliegen. Das Hotel Villa am Park in Bad Orb ist auf Ayurveda ausgerichtet und vermittelt einerseits, wie sich die verschiedenen Geschmacksrichtungen aromatisch ausbalancieren lassen, und andererseits, wie dieses Wissen in den Alltag integriert wird.
Kulinarische Weltreisen unter einem Dach
Das Bürgenstock Resort Lake Lucerne gehört zu den schicksten Adressen Europas. Wer hier wohnt oder isst, liebt das Lässige, das Weltoffene, den Genuss auf hohem Niveau. Doch nicht nur die edle Küche des Signature Chefs Marc Haeberlin bietet das Hotel. Die offene Küche des Spices & Terrace ist mit Tandoor-, Naan- und Entenöfen bestückt, anfangs eine ziemliche Investition, doch halt auch nur einmal. Und sie zahlt sich schon aus, denn der Gault & Millau hat hier 15 Punkte vergeben. An vier Stationen arbeiten zwölf Köche aus ihren Heimatländern China, Indien, Japan, Thailand und machen Front Cooking vom Feinsten. Im Sharq Oriental geht die Reise weiter. Iranische und libanesische Köche kochen persisch, bei Mezze beginnt’s, der Genuss geht auch auf dem Diwan mit Blick über den See.
Für Fleischfans, Tierfreunde und Lifestyler
Ubena hat in diesem Jahr auf Gewürzmischungen fokussiert, die die zwei Sommertrends abdecken, Grill und Gemüse. Sie bieten in Gewürzschulungen noch die Extrameile Wissen an, aber Gastronomen, die dafür keine Zeit haben, bekommen die Produkte fertig gemixt. So lassen sich Fleischfans einerseits und Vegetarier und Veganer andererseits mit Klassikern und neuen Aromen bestens bedienen. Inspirationen suchen die Ubena-Kundschafter auch gerne im Ausland – der Rub Pastrami für Fleisch ist ein Beispiel, die Sesam-Kurkuma-Würzmischung für Gemüse ein anderes. Verpackt wird im wiederverschließbaren Zip-Beutel und als Kostprobe auch in Streudosen.
Das Bio-Gewürzunternehmen Soulspice hat sich pfiffigerweise mit der angesehenen bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall als Partner für ihre zwölf BBQ-Gewürze zusammengetan. Die Erzeugergemeinschaft hat das hervorragende, in artgerechter Tierhaltung erworbene Fleisch, das Start-up Kontakte zu Kleinbauern, beide setzen auf transparente Wertschöpfung. Kein Wunder, dass die Berliner Markthalle 9 schon Kunde ist. Aromatisch hat man sich zwischen Fruity Hawaii mit Mango, Minty Memphis mit Minze und Sweet & Spicy Florida angesiedelt.
Vorreiter waren Just Spices. Vor einigen Jahren noch Start-up, jetzt stehen sie, cool verpackt, im gut sortierten Supermarkt, werden aber auch vom trendigen Deli, der Systemgastronomie und dem Café an der Ecke verwendet. Hier setzt man auf Innovation und für Sommer 2018 auf das Avocadotopping, das mit Fleur de Sel, Tellicherrypfeffer, schwarzem Sesam, rosa Pfefferbeeren, Chili und Tomate gleichzeitig hochwertig und trendig wirkt.
Und was ist mit Öl?
Er ist einer der bekanntesten Haubenköche Österreichs und ein Verfechter des Kürbiskernöls – wen wundert’s, dass Hannes Sattler aus der Steiermark kommt! Zwei Restaurants führt er, dazu das Hotel Sattlerhof, während sein Bruder Willi zu den besten Winzern der Region zählt. Aromatisches Können ist vorauszusetzen. Im Abendrestaurant kann das außergewöhnlich werden, zwischen Kaffeeravioli und süßem Spargel, im Wirtshaus ist es mit Rindfleischsalat, selbst gemachter Wildterrine und Hendlbrust ländliche Wohlfühlküche auf hohem Niveau. Immer dabei: Kürbiskernöl (er schwört auf die kleine Ölmühle Hartlieb).
»Ein ganzjähriges Thema«, findet er, sei das Kürbiskernöl, obwohl es wegen der geringen Haltbarkeit nur portionsweise gepresst und in dunklen Glasflaschen am besten aufbewahrt wird. In Salate kippt das jeder Steirer, Sattler veredelt damit sein hausgemachtes Vanilleeis mit Öl und Krokant vom Ölkürbis und bietet auch ein Parfait mit einem gehörigen Schuss Kürbiskernöl.
Doch er ist ganz generell im Würzölthema zu Hause und legt selbst Hand an. In sein Petersilienöl kommen beispielsweise ausschließlich fein gemixte, in Öl angesetzte Blätter, die für eine schöne Farbe und ein klares Öl langsam filtriert werden.
Nicht jeder Gastronom hat die Manpower für selbst gemachtes Öl. Hier kommt Prep ins Spiel. Ihre Prep Premium Flavourhouse decken zwischen rauchig, pikant, scharf und würzig das ganze Abschmeckspektrum ab. Die Öle sind Multitasker, eignen sich zum Marinieren, fürs Stir-fry und den Grill, für den Ofen und zum Abschmecken. Die Basis ist Rapsöl, beim Oriental Flame kommt Sesamöl zum Einsatz. Um Vegetariern ein bisschen Fleisch-Biss mitzugeben, empfehlen die Preps das Smokehouse, ein über Eichenholz geröstetes Rapsöl mit Sonnenblumenölanteil.
Das Salz der Erde
Marco Müller von der Firma Biova plädiert für das Kochen mit Natursalzen. Die seien in der Regel milder, das Risiko des Übersalzens verringere sich deutlich. Sein Unternehmen hat 45 Salze im Sortiment, die Indischen Sonnenflocken sind auch wegen ihrer Optik (»Mich erinnern sie an Kokosflocken«), wegen ihrer leichten und krossen Konsistenz und ihres mild-salzigen Geschmacks sein Favorit. Der Unterschied zum Fleur de Sel: »Indische Sonnenflocken sind, wie der Name schon sagt, in der Sonne nachgetrocknet und sehr trocken. Ideal für die Veredelung mit Safran oder Blüten.«
Gewürze, Öle, Salze und Kräuter sind der Zauberkasten der Köche. Wie alles in dieser sich immer schneller drehenden Welt unterliegen auch sie gewissen Moden. Die Industrie holt ihre Impulse aus Fernost, Indien ist im Kommen, Kräutergärten lassen Basilikum und Bärlauch hinter sich.
Das Neueste aus der Backstube
Im Alleingang hat Cynthia Barcomi die amerikanische Backtradition nach Deutschland gebracht. Sieben Backbücher mit hohen Auflagen, Backevents und ein Coffeeshop und Deli bezeugen, dass sie weiß, was Gäste und Endverbraucher mögen.
Ihre Lieblingskombinationen in der süßen Küche:
- Mandeln, Zitronenschale, Anis
- Äpfel und Zimt (das liebt jeder!)
- Bananen, Muskatnuss, ganz wenig
- Gewürznelke
- Kürbis, Zimt, Ingwer, Muskatnuss, Gewürznelke
- Schokolade, Kardamom, Zimt
- Räuchermandeln und Fenchelsamen
Ihr Trendgewürz ist Kurkuma, das überdies gesundheitliche Vorzüge hat (»it’s pretty amazing!«). Den Detox-Aspekt zählt sie auf, dass es in einem warmen oder kalten Latte passt und antioxidierend und entzündungshemmend wirkt.
Wein und Gewürze mal neu denken?
Ja, findet die Önologin und selbst ernannte Genusspublizistin Dagmar Ehrlich, die mit der Gewürzexpertin Bettina Matthaei im Herbst dazu auch ein Buch (bei Becker Joest Volk, Titel stand bei Drucklegung noch nicht fest) veröffentlicht. Der Orientierungsfaden sind die Hauptaromen reinsortiger Weine bzw. Cuvées.
Ihre Tipps:
- Aroma entspricht Aroma: Grün-aromatische Weine mögen frische Gewürze.
- Gewürzmischungen harmonieren als Mehrklang besser am Gaumen.
- Zu würzigen Speisen neben Sauvignon blanc, Kerner und Müller-Thurgau mal Scheurebe probieren.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.