Wer hat an der Uhr gedreht
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Wer hat an der Uhr gedreht?

von Clemens Kriegelstein
Samstag, 11.11.2017
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Die Organisation des Frühstücks in Hotels ist inzwischen zu einer eigenen Wissenschaft geworden. Vor allem die Frage, wie lange das Büfett dem Gast zur Verfügung stehen muss, scheidet oft die Geister. Manche Langschläfer bestehen mittags noch auf die volle Auswahl. Doch bisweilen setzt einfach das Mittagsgeschäft dem Frühstück zwangsweise zeitliche Grenzen. Dabei unterscheidet sich die Herangehensweise oft zwischen Stadt- und Ferienhotellerie.

Bei Bedarf schon ab 6 Uhr

»Unser Frühstück sehen wir als einen unserer USPs an«, erklärt Markus Ploberger, Eigentümer des Hotels Ploberger im oberösterreichischen Wels. Nicht zuletzt die Produkte aus der hauseigenen Fleischhauerei sind für viele Gäste das Tüpfelchen auf dem I. Bei den Frühstückszeiten versuchen es Markus Ploberger und sein Bruder Michael sowohl den vielen Geschäftsreisenden in ihrem Hotel recht zu machen, als auch Reisegruppen oder privaten Städtetouristen. Das bedeutet: Um 6.30 Uhr geht es täglich los, wochentags können sich die Gäste bis 10.30 Uhr Zeit lassen, am Wochenende bis 11 Uhr. »Wobei wir selbst in dieser Hinsicht noch durchaus flexibel sind. Wenn also ein Gast schon vor 6.30 Uhr in der Früh das Haus verlassen muss, dann bekommt er von uns ein Lunchpaket u. a. mit Produkten aus unserer Metzgerei mit. Oder, wenn es mehrere Gäste betrifft, dann geben wir das Frühstücksbüfett auch schon mal um 6 Uhr frei«, erklärt Ploberger im HOGAPAGE-Gespräch.

Umgekehrt wird beim offiziellen Frühstücksende nicht radikal alles abgeräumt, sondern man fragt die wenigen dann noch verbliebenen Gäste, ob sie noch etwas vom Büfett wünschen oder ob man langsam abbauen darf. Ploberger: »Es ist daher nicht so, dass es pünktlich ab 10.30 bzw. 11 Uhr nichts mehr zu essen gäbe. Es ist auch schon vorgekommen, dass das Frühstücksbüfett um 12 oder sogar 12.30 Uhr noch aufgebaut war, weil es ein paar Spätaufsteher gab. Und wenn etwa nach einer Hochzeit gewünscht wird, dass das Frühstück länger steht, dann ist das auch kein Problem. Aber der Großteil unserer Gäste sind ohnehin Geschäftsleute, die kommen meistens spätestens um 8 Uhr zum Frühstück.« Und selbst wenn jemand – was so gut wie nie vorkommt – ein Frühstück wünscht, nachdem wirklich alles abgebaut wurde, dann finden wir auch dafür eine Lösung. »Frische Eier, Kaffee etc. können wir immer machen« zeigt sich Markus Ploberger flexibel.

Frühstück auch am Nachmittag möglich

Eine besondere Form der zeitlichen Flexibilität beweist man im Hotel Paradies im kleinen Engadiner Ort Ftan. Dort startet das Frühstück um 7.30 Uhr und steht, so lange es die Gäste wünschen. »Wir sind ein sehr individueller Betrieb mit 23 Zimmern. Wir bauen das Büfett im Laufe des Tages sukzessive zurück. Aber sobald ein Gast auftaucht, auch nachmittags um 14 oder 15 Uhr, wird er natürlich mit seiner Wahl versorgt. Schließlich hat jeder Mensch einen anderen Tag-/Nacht-Rhythmus und es ist nicht an uns Gastgebern, diesen unseren Gästen vorzuschreiben«, erklärt Paradies-Direktorin Meike Bambach.

Jeder Gast kann aber auch – im Sinne des »Tischleindeckdich«-Konzepts, das für alle Mahlzeiten im Hause angewendet wird – sein Frühstück maßgeschneidert zur gewünschten Zeit irgendwo im Hause, auf seinem Balkon, in der Bibliothek, auf der Sonnenterrasse oder im Garten einnehmen. Bambach: »Auch wenn der Gast im Prinzip frühstücken kann, wann er möchte, die meisten kommen doch zwischen 9 und 11 Uhr, also so, wie früher oder wie wenn man eine Vorgabe machen würde. Aber das tun wir eben bewusst nicht.« Dass dabei nur das Beste serviert wird, versteht sich in dem 5-Sterne-Haus, das noch dazu von Reiseexperten kürzlich unter die weltweiten Top Ten der Hotels mit dem besten Frühstücks­angebot gewählt wurde, von selbst. Das reicht von Büffelmilch über Bio-Käse bis zu Salsiz-Würsten – alles jeweils von lokalen Produzenten.

Langschläfer-Frühstück am Wochenende

Ein wenig strikter hält man es dagegen im Kölner Hotel Hilton Cologne: 6.30 bis 10.30 Uhr lauten hier die offiziellen Frühstückszeiten, wobei zehn Minuten vor Schluss quasi die letzte Runde eingeleitet wird und Gäste auf den nahenden Büfettschluss aufmerksam gemacht werden. »Ab 10.30 beginnt dann der Abbau des Büfetts, wobei Gäste selbstverständlich noch sitzen bleiben können und weiterhin den gleichen Service bekommen«, so Pressesprecherin Beate Lenzen. Wer zu spät kommt, den bestraft in dem Fall zwar nicht das Leben, aber vielleicht sein Magen. Denn ab 10.30 Uhr gibt’s nur mehr die Leftovers des sukzessive abgeräumten Büfetts, die man sich auf den Teller laden kann. Im Großen und Ganzen seien die Zeiten aber ausreichend, »allerdings bieten wir an Wochenenden häufig sogar ein Langschläfer-Frühstück bis 14 Uhr an. Insbesondere an Feiertagen und sofern unser Mittagsgeschäft dies zulässt«, verrät Lenzen.

»Wann ich will, wo ich will«

Karin Niederer ist Partner und Senior-Beraterin bei der Hotel- und Tourismus­consulting-Agentur Kohl & Partner (www.kohl.at), die Betriebe und Tourismusregionen u. a. in Österreich, Deutschland und der Schweiz berät. Ihrer Erfahrung nach sind die Frühstückszeiten in den letzten Jahren generell länger geworden, speziell unter dem Druck der Generation Y (Geborene der Jahre 1980 bis 2000), deren Credo oft lautet »Wann ich will, wo ich will«. »Gerade in der Ferienhotellerie gibt es daher immer mehr Betriebe, die ein Frühstück bis 11 oder 12 Uhr, manchmal sogar bis 14 Uhr servieren«, so Niederer. Das werde zwar von der Masse nicht angenommen, mache aber trotzdem als Angebot einen guten Eindruck, auch wenn spätestens ab Mittag meist nicht mehr die volle Auswahl vorhanden ist, das Frühstück vielleicht auch in einem kleineren Nebenraum verlegt wird.

Unterschiede in der Stadt- und Ferienhotellerie sieht Niederer vor allem in der Früh: »Abhängig von Flug- oder Kongress-beginnzeiten etc. startet in Stadthotels das Frühstück meist gegen 6.30 Uhr. Idealerweise zusätzlich mit der Möglichkeit eines ›Early-Bird-Frühstücks‹, wo bei Bedarf schon ab 4 oder 5 Uhr Croissants oder andere Kleinigkeiten angeboten werden und sich der Gast seinen Kaffee vielleicht selbst an der Maschine holen kann«. Trotzdem müsse man hier auch auf Städtetouristen Rücksicht nehmen, die sich gerne mal ausschlafen wollen. Bei den Endzeiten sieht Karin Niederer heute generell etwa 10 oder 10.30 Uhr als Mindeststandard. »Darunter rümpft schon jeder Gast die Nase.«

Halbleere Platten als No-Go

Auf jeden Fall mit Fingerspitzengefühl sollte das Frühstücksende kommuniziert werden. Idealerweise geht ein Servicemit­arbeiter an die Tische und fragt, ob noch jemand etwas haben möchte, vielleicht mit dem erklärenden Hinweis, dass man dann den Platz für das Mittagsgeschäft brauche. Niederer: »Eine Selbstverständlichkeit ist dabei, dass bis zum offiziellen Frühstücks­ende das Angebot vollständig ist. Halbleere Platten schon 20 Minuten davor sind ein No-Go! Maximal ist es möglich, dass mehrere große Platten zu einer kleineren zusammengelegt werden. In jedem Fall muss das Büfett aber optisch ansprechend bleiben.« Von Vorteil seien in dem Zusammenhang auch Mitarbeiter, die die Gäste zum Frühstück begrüßen und nach Name/Zimmernummer fragen. Damit könne man nicht nur externe Leute vom Frühstück fernhalten, die gar nicht im Hotel wohnen, sondern durch das Abstreichen der Zimmernummern auch abschätzen, mit wie vielen Gästen man zu einer bestimmten Uhrzeit noch rechnen muss.

Frühstücks-Tipps

  • Wenn ein Gast deutlich zu spät erscheint und das Büfett tatsächlich schon abgebaut wurde, sollte man zumindest in guten Häusern ein kleines À-la-carte-Frühstück anbieten – und zwar ohne Aufpreis.
  • Ein neuer Trend in manchen Wellness-Hotels ist das sogenannte »Frühschwimmer-Frühstück«, wo Gäste ab 7 Uhr, nach dem ersten Schwimmen, gleich im Bademantel im Wellnessbereich eine kleine Frühstücksauswahl plus Kaffee oder Tee genießen können.
  • Gerade die Ferienhotellerie hat – je nach Zielgruppe – bisweilen mit Gästen zu kämpfen, die das Frühstücksbüfett gleichzeitig als Selbstbedienungsstation für die Verpflegung des restlichen Tages sehen. Hier helfen sich manche Hotels mit dem offen kommunizierten Hinweis, dass man sich gegen einen Aufpreis von wenigen Euro sein Lunchpaket offiziell selbst zusammenstellen kann. Damit verhindert man auch die unangenehme Situation, dass ein Mitarbeiter den Gast darauf hinweisen muss, dass das Einpacken von Wurst, Käse und Gebäck nicht erwünscht ist. Man kehrt das Negative ins Positive und kann gleichzeitig ein paar Euro Zusatzumsatz machen.

Quelle: Karin Niederer, Kohl & Partner (www.kohl.at)
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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