Von der Großpackung zur Feinkost
C&C-Märkte müssen heute mehr bieten als günstige Preise
von Clemens KriegelsteinDer erste Besuch in einem C&C-Markt ist für die meisten Leute eindrucksvoll: Die Vielfalt des Angebotes lässt meist auch die bestsortierten Supermärkte alt aussehen und die schiere Größe der Verkaufshalle legt die Verwendung eines motorisierten Einkaufswagens nahe (wäre das nicht mal eine Idee?). Bei den Packungsgrößen für Waschpulver, Speiseöl oder Wurstaufschnitt fühlt man sich indes wie Gulliver bei den Riesen. Und damit war die Nachfrage für lange Zeit auch abgedeckt: große Verpackungseinheiten, (relativ) günstige Preise und ein insgesamt großes Sortiment – mehr brauchte der durchschnittliche Gastronom nicht.
Von Wagyu bis Bio
Aber die Zeiten haben sich geändert. In der Fleischabteilung sticht dies besonders ins Auge: So genügt es heute nicht mehr, Porterhouse, T-Bone, Ribeye und andere Schnitte anbieten zu können, auch verschiedene Herkunftsländer (von regional über die USA bis zu Argentinien) und unterschiedliche Rassen (Angus, Charolais, Wagyu etc.) werden erwartet. Ach ja, eine Bio-Linie und eine Dry-Aged-Variante sollen jeweils bitte auch dabei sein… Ähnliche Anforderungen werden natürlich auch an andere Themenwelten gestellt, egal ob Fisch, Gemüse oder Bier. Der Kunde verlangt Auswahl! Das macht das Geschäft für die C&C-Märkte zwar nicht einfacher, verschafft ihnen aber den Vorteil, diese Angebotsvielfalt als USP herausarbeiten zu können.
Die Kunden jedenfalls freut es: »Das Angebot der C&C-Märkte ist in den vergangenen Jahren merkbar besser geworden, vor allem in den Bereichen Fleisch, Fisch und Gemüse«, weiß etwa Gastronom Michael Huber vom Münchener Restaurant Huber (zwei Gault-Millau-Hauben). »Aber auch spezielle Produkte – ich sage jetzt mal in der Art von ›In Terrakottatöpfen fermentiertes Gemüse aus Sizilien‹ – finde ich plötzlich im Angebot. Das ist für mich insgesamt sehr positiv. Interessierte Kunden tun sich bei der Auswahl heute also wesentlich leichter.«
»Neues Einkaufsgefühl«
Bei Metro Deutschland etwa hat man bislang an vier Standorten die Verkaufsflächen grundlegend überarbeitet, um das Einkaufen von der Pflicht zum Erlebnis zu machen. »Eines der Hauptelemente des neuen Marktkonzepts sind die neuen PremiumBereiche, in denen Kunden unter dem Motto ›Erlesene Welten‹ exklusive Produkte wie Öle und Gewürze, besondere Kaffeespezialitäten und hochwertige Schokoladenartikel finden. Im Weinbereich finden auf einer großen Sonderfläche Raritätenweine, aber auch hochwertige Spirituosen ihren Platz«, erklärt Metro-Sprecher Benedikt Hartmer auf HOGAPAGE-Anfrage. »Ergänzend zu den neuen Sortimenten bieten regionale Service-Highlights wie spezielle Humidore für hochwertiges Dry-Aged-Fleisch oder modernisierte Backshops den Profikunden ein ganz neues Einkaufsgefühl, das eigens auf ihre Wünsche und Bedürfnisse zugeschnitten ist. In einzelnen Märkten können sich die Kunden darüber hinaus ihre Frischfischprodukte nach individuellem Bedarf zuschneiden lassen. Ein Service, der insbesondere den Gastronomiekunden viel Arbeit und damit auch Zeit erspart.«
Früchte aus 95 Ländern
Auch bei EDEKA ist man stolz auf die mittlerweile sehr große Auswahl, wie Simone Behnke vom Bereich Marketing & Geschäftsentwicklung am Beispiel Fleisch auflistet. Steakfleisch aus Südamerika, Lammfleisch aus Neuseeland, Straußenfleisch aus Südafrika gehören ebenso dazu wie Wild aus deutschen Wäldern oder Schweine-, Rind- und Kalbfleisch aus zum Teil regionaler Aufzucht in unterschiedlichsten Abpackungen. Ähnlich imposant das Früchteangebot, das aus 95 Ländern importiert wird. »Der Außer-Haus-Markt in Deutschland ist geprägt durch eine dynamische Entwicklung in den letzten Jahren. Die Ansprüche der Gäste haben sich gewandelt, der Gast möchte nicht nur konsumieren – er möchte sich bewusst ernähren. Gesundheit, Nachhaltigkeit und Qualität stehen im Fokus«, so Behnke, die vor allem auch die regionale Verankerung der einzelnen Großmärkte betont: »Regionalität ist eine unserer großen Stärken. In jeder Region gibt es Spezialitäten, sei es bei Wurst, Obst, Gemüse oder Bier. Dann ist nicht nur argentinisches Roastbeef verfügbar, sondern zum Beispiel auch Färsenfleisch eines regionalen Bio-Hofs.«
Das Schwein ist fein
Auch in Österreich zeigt sich bei den C&C-Märkten eine ähnliche Entwicklung. »In allen Segmenten setzen Kunden auf ausgesuchte Qualität, auf die sie vertrauen können. In den Bereichen Frische – also Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Frischfisch, Frischfleisch –, sind die Qualitätstrends und die Erweiterung des Spezialitätensortiments am deutlichsten erkennbar«, weiß Peter Krug, Leitung Einkauf Eurogast Österreich. Die besondere Taktik von Eurogast? Neben einem möglichst breiten und qualitativ hochwertigen Sortiment gibt es seit dem vergangenem Jahr jeweils ein Thema, dessen man sich als »Genuss 360«-Sortiment besonders umfangreich annimmt. Dieses Jahr lautet das Motto: »Das Schwein ist fein«. Anspruch und Ziel des Genuss 360-Sortiments ist es, neue, spannende und besonders geschmackvolle Produkte vorzustellen. Geprägt soll das Sortiment von dem Begriff des »Slow Food« sein – die Auswahl der Lebensmittel soll sich dementsprechend an regionalen Kulturen und dem saisonalen Angebot orientieren. Eurogast verspricht dabei guten Geschmack, absolute Frische und regionale Bio-Produkte im Mittelpunkt.
Beratung eingeschlossen
Bei Transgourmet Österreich hat man für das gesamte Premium-Sortiment mit »Cook2.0 Exquisit« schon vor zehn Jahren gleich eine eigene Dachmarke kreiert. »Wir wollten damals auch ein Sortiment für die Hauben- und Sterneküche anbieten, daher wurde diese Marke geschaffen, wobei der Name, angelehnt an Computerprogramme, eine ständige Weiterentwicklung signalisieren soll«, erklärt Transgourmet Österreich-Geschäftsführer Thomas Panholzer. Insgesamt erwirtschaftet die Vertriebsmarke Cook2.0 einen Jahresumsatz von rund 30 Millionen Euro und hat diesen damit im ersten Jahrzehnt des Bestehens versechsfacht – Tendenz weiterhin steigend. Im Schnitt sind – mit einer gewissen Schwankungsbreite je nach Jahreszeit – ständig rund 1.700 Produkte unter der Dachmarke gelistet: In der Hauptsache Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse, aber etwa auch besondere Nudelsorten, Schokolade und sogar ausgesuchte Tiefkühl-Convenience. Panholzer: »Diese Produkte sollen die höchstmögliche Qualität für die anspruchsvollsten Köche bieten.«
Von Anfang an waren bei dieser Angebotsauswahl auch Top-Köche beratend tätig. Allerdings will sich Cook2.0 nicht nur auf die Produktschiene »reduzieren« lassen. Stefan Buczolich, Bereichsleiter bei Cook2.0: »Um die Qualität auf allen Ebenen auch zu beweisen und kreative Einsatzmöglichkeiten zu präsentieren, werden die Produkte in den hauseigenen Kochstudios an allen Standorten präsentiert sowie bei sogenannten Cook’s Tables verkocht und vorgestellt. Das Dienstleistungsangebot umfasst die Kundenberatung durch Top-Köche an jedem Standort – auf Kundenwunsch kommen die Spitzenköche aber auch zum jeweiligen Gastronomen, präsentieren die Produkte und beraten individuell und maßgeschneidert.«
Vorgereifte Früchte
Bei der österreichischen Rewe-Tochter AGM schließlich sieht man die Nachfrage nach Fleisch- und Fischspezialitäten seitens der Gastronomie besonders gewachsen. Einer der wesentlichen Themenschwerpunkte sind daher Rindfleischspezialitäten für die Trendthemen Steak und Burger. »AGM führt eine kompetente Auswahl an internationalen Rindfleischspezialitäten aus Südamerika, Australien, USA, Asien aber auch regionale Rindfleischspezialitäten wie Alpenvorland Rind oder Simmentaler Rind aus Österreich. Natürlich wird auch trocken gereiftes Rindfleisch bei AGM angeboten. Im Burger-Bereich zusätzlich Pulled Pork, Beef oder Turkey«, berichtet AGM-Pressesprecher Paul Pöttschacher. Ganz oben auf der Wichtigkeitsskala von AGM steht auch Obst und Gemüse, wo man sich etwa auf vorgereifte, sogenannte »essfertige« Früchte spezialisiert hat. Pöttschacher: »Generell geht der Trend in Richtung Genuss: Reife Früchte, Backwaren mit langer Teigführung, die Reifezeit bei Rindfleisch und affinierter Käse gewinnen an Bedeutung. Die Regionalität und Nachhaltigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle. Denn die Kunden haben ein Recht zu wissen, woher die Produkte stammen und mit welchen Rohstoffen diese hergestellt werden.«
Hilfe beim täglichen Geschäft
In der Gastronomie werden diese Bemühungen jedenfalls bemerkt und, wie eingangs bei Michael Huber, positiv bewertet. Abschließendes Resümee des steirischen Gastronomen und Hoteliers Heinz Harkamp (Weingartenhotel Harkamp, eine Gault-Millau-Haube): »Ich gehe nach wie vor drei Mal die Woche persönlich in einen C&C-Markt einkaufen, weil mir speziell bei Gemüse oder Fleisch wichtig ist, dass ich mir die Ware aussuchen kann. Ganz klar ist, dass sich die Auswahl in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat, vor allem das Bio-Segment ist stark gewachsen. Ich finde es jedenfalls positiv, wenn die Firmen sich weiterentwickeln und mir hilft dieses größere Angebot bei meinem täglichen Geschäft.«