Snack it up!
von Gabriele GugetzerDie neuesten Ideen für den (schnellen) Hunger zwischendurch
Snacks haben das Zeug zur neuen kulinarischen Visitenkarte. Darauf hat sich auch die Convenience schon eingerichtet.
Bei unseren Nachbarn in der Schweiz gehört der Apéro ganz selbstverständlich in den Alltag. Er läutet den Feierabend ein, ist eine lässige Fortsetzung eines gerade absolvierten Geschäftstermins, ersetzt die Geburtstagsfeier im Büro – zwanglos, aber stilvoll. Die Häppchen dazu sind auf den ersten Blick einfach, Sbrinz, Bündner Fleisch, Knackiges, Eingelegtes. Aber schon immer war in der Schweiz das Thema Regionalität ein Ausdruck von Qualität. Und da jeder Schweizer Kanton seinen eigenen Käse macht, gehört regionaler Käse auf jeden Fall dazu, ansonsten vielleicht noch Rohschinken, Salami und ein netter Brotkorb. Angerichtet wird’s ein bisschen oldschool auf Platten. Und fertig ist die zwanglose Einladung. Ausgeschenkt wird vielleicht Bier, vielleicht Champagner, doch eher Wein, selbstredend aus der Schweiz.
Diese Art der Häppchenkultur hat viel für sich, denn sie drückt eine gewisse Leichtigkeit im Lebensstil aus. Auch Sherry und Tapas unter spanischer Sonne vermitteln dieses Lebensgefühl oder Knabbergebäck zum Negroni auf der italienischen Piazza. Können wir das auch?
Fritz & Felix vom Feinsten
Ja, können wir auch, das ist die klare Botschaft der Barkarte im Fritz & Felix, der Bar + Restaurant im frisch renovierten und völlig neu konzipierten Brenners Park-Hotel in Baden-Baden. Hier ist für jeden Geschmack, Hunger und Geldbeutel etwas dabei, die Karte ist international, die Häppchen werden vor Ort zubereitet und sind eine beeindruckende Visitenkarte für das, was das Restaurant dann am Abend drauf hat.
Mit Mut zum Einfachen und Hochpreisigen gleichermaßen ausgestattet, liest sich diese Karte appetitanregend und überraschend: Radieschen mit Kräutern, Pickles mit Ziegenmilchjoghurt und Tahini, Jamón Ibérico oder Kaviar mit Schmand stehen neben Kräutersalat und fein gewürztem Spinatgemüse. Auch die Sandwiches sind nicht 08/15, es gibt Krebsfleisch im Briochebrötchen mit Avocado und Tobiko oder eine Piadina mit Burrata. Das Trendthema Hotdog (dazu später noch mehr) wird hier mit Trüffel, Apfel und knackigen Kohlstreifen variiert. Unterm Strich: viel Eiweiß, wenig Kohlenhydrate. Snacken ohne schlechtes Gewissen – geht doch.
Was wird kommen in der Snack-Küche?
Bei Aviko in der klassischen Imbiss-Gastronomie, im Care- und Schulcatering sowie in der Betriebsgastronomie setzt man vor allen Dingen auf ein breites Angebot, sagt Thomas Müller, Key Account Manager Deutschland. Ein klassischer Neuling wäre Chili Cheddar Cheese Nuggets, erklärt er – viel Käse, wenig Backteig – also auch hier das Thema Eiweiß und übersichtliche Kohlenhydrate. Food City 2 hingegen ist gleich ein neues Konzept, das »Snacks mit dem Thema Urban Food verknüpft«. Kartoffel-Zucchini-Tempura oder ein neu interpretiertes Rösti, als Brotersatz fürs Sandwich oder Häppchen, sind Beispiele dafür, wie sich Großstadt-Trends vom Foodtruck überraschend kurzfristig in der Convenience für den breiten Markt etablieren.
Letzten Sommer sei man in London gewesen, erzählt Müller vom Leben im Key-Account-Team, zu dem auch viele Köche gehören, im Dezember folgte Rotterdam, klaro liest man Fachzeitschriften und geht auf Messen, aber das allein reiche längst nicht aus, der Blick vor Ort in die Küchen von Hot Spots sei sehr wichtig.
Fotogene Snacks sind bei der Jugend gefragt
Trends zu erkennen ist das eine. Der wahre Schatz einer Speisekarte bleibt dennoch die Vielfalt. Diese Weisheit gilt gerade auch im Snack-Bereich. Schließlich ist jeder Gast einzigartig und individuell. Gerade die jüngere Klientel, die sogenannten Millennials und die Generation Z, werden dabei immer bedeutender für die Gastronomie. Das haben auch die Convenience-Food-Hersteller erkannt und bedienen den Hunger der jungen Zielgruppen mit immer neuen trendigen Innovationen, die bestenfalls auch noch perfekt »instagrammable« und bloß nicht langweilig sind.
Generell beobachten
wir einen Trend zur
Heimatküche und zur
neuen deutschen Lässigkeit
-Jochen Kramer, Leiter Marketing
bei Salomon Food World-
Denn: Millennials wollen nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren. »Essen ist für diese Zielgruppe mehr als Sättigung – es ist Genuss, Geselligkeit und individueller Ausdruck zugleich«, ist Jochen Kramer, Leiter Marketing bei Salomon Food World, überzeugt. Die Challenge für den Gastronomen ist also, diese Gruppe zu faszinieren und in Dialoge zu ziehen. Kramer: »Für den erforderlichen Wow-Effekt sorgen z.B. unsere Noodle Sticks. Sie sind authentisch, asiatisch und lecker – Asia Cuisine mit einem Hauch Küchenakrobatik eben.«
Snacken geht auch traditionell
Während Millennials also gerne überrascht werden, probieren und teilen, darf es bei der »älteren« Zielgruppe auch in puncto Snacks gerne etwas traditioneller zugehen. »Generell beobachten wir hier einen Trend zur Heimatküche oder zur neuen deutschen Lässigkeit«, so Jochen Kramer. Eine moderne Rückbesinnung auf die alte Küche sind z. B. die Convenience-Schnitzel der Salomon Food World: goldbraun paniert oder in würziger Marinade, roh oder bereits gebraten, traditionell oder überraschend gefüllt. »Unsere Schnitzel schmecken so, als hätte man sich zurück in Omas Küche gebeamt«, schwärmt Jochen Kramer begeistert. Und natürlich hat er auch Highlights im Repertoire, die über alle Altersgruppen hinweg punkten:
»Da empfehle ich z. B. einen kross angebratenen Knödel-Burger an Rotkraut, Pfifferlingen, Feldsalat mit lockerem Simmentaler Rind.«
Snacks und Slow Food – wie passt das zusammen?
Thomas Sampl, junger Shootingstar in der Hamburger Szenegastronomie (»Vlet«), hat in der Hafencity Hamburg im Oberhafen ein überraschendes Konzept etabliert. Das »Hobenköök« bietet auf 600 Quadratmetern und im angesagten Industrial Chic, der wohl nicht nur ein bisschen an New Yorker Szenegastronomie erinnern soll, eine Mischung aus Markthalle, Snackküche, Frühstückscafé und Ausgehrestaurant. Die Produkte kommen von kleinen Produzenten aus dem Umland, man kann sich nach dem Job (die Redaktionen von Spiegel und Gruner + Jahr liegen nicht weit) treffen, vor einer Vernissage in den Deichtorhallen oder für ein mehrgängiges Menü. Verwerten will Sampl alles, vom Radieschenblatt für die Suppe bis zu den Käseabschnitten aus der Theke, die dann im Käsesalat enden. Die Karte ist lecker und rustikal. Und vor allen Dingen regional. Steak-Tatar gibt’s in der Snackportion, ebenso Tagessalate und kleine Platten, die an den Schweizer Apéro erinnern, hier aber nicht nur mit Deichkäse und Lotsenwurst bestückt sind, sondern auch mit Räucherfisch. Mehr Hamburg geht nicht.
Auch er sieht eine neue Ernährungskultur und »hochwertige Convenience« als einen ihrer Eckpfeiler. »Lokale Netzwerke werden immer wichtiger werden«, findet er überdies und hat, wenig überraschend, auch das Thema Zero Waste zum Trend erklärt, der bleiben wird, wenn wir diesen Planeten erhalten wollen. Dass das gemeinsame Essen und Kochen nicht mehr angesagt ist, sieht er keinesfalls, jedoch ist es gewürzt mit der »Geschichte hinter den Produkten«. Kein Wunder, dass die Hobenköök im Convivium von Slow Food mitmischt.
Was kommt nach dem Hotdog-Hype?
Mehr Hotdogs, ist man zumindest bei Froneri Schöller überzeugt. Denn Snacks auf Weltstadt-Niveau sind nur die halbe Wahrheit. Das zeigt der Erfolg der neuen Schöller-Backrange. Ganz clever wurde auch hier der regionale Trendexpress bestiegen: Schöllers Hotdog versteckt sich nicht im labbrigen süßen Brötchen, sondern in einer Laugenstange, vierfach variiert, warm und kalt aufzutischen und mit diversen Sößchen am Start (sogar den Laugen-Hotdog »Curry« gibt’s). Die vorgegarten Hotdogs werden angetaut, eingeschnitten, kommen etwa 15 Minuten in den Ofen und können dann veredelt werden. Senf, Gewürzgurken, Röstzwiebeln, frische Chilischoten sind Varianten, auch Sauerkraut oder geriebener Käse passen. Damit die Angelegenheit elegant essbar ist, sind die Saucen der Würstchen-Snacks bereits in den Laugenteig integriert.
Snackküche auch auf dem Land?
Das kleine Adults-Only-Hotel Unterlechner in Tirol, frisch mit dreizehn Punkten im Gault&Millau ausgezeichnet, bietet eine Nachmittagsjause an. Sie ist im Preis inbegriffen und lohnt auch bei einer geringen Gästezahl, sagen die Unterlechners, die nicht mehr als 46 Gäste gleichzeitig beherbergen können. »Der Aufwand richtet sich nach der Nachfrage, weil wir à la carte und à la minute zubereiten und servieren. Der Gast trinkt etwas dazu, und wir haben die Möglichkeit, durch den Gastkontakt bei der Bestellung einen zusätzlichen Getränkeumsatz zu machen.« Eine Win-win-Situation.
Drei bis vier warme und kalte Gerichte stehen zur Auswahl, zwischen 15 und 17 Uhr auch ein zusätzliches Salatbüfett. Bestellt werden kann sogar vom Pool aus. »Wir können das in der Küche viel schöner anrichten als auf einem Büfett«, sagen die Unterlechners. Und natürlich will der Gast auch hier Regionales bestellen können, selbst wenn Pressknödl und Schlutzkrapfen eigentlich auch in Tirol nicht unbedingt als Snack gelten.
Nüsslein & Co. – was ist mit den Klassikern?
Ültje steht wie kein anderes Unternehmen für das Thema Nuss. Anfang des Jahres wurde die Range überarbeitet, Ungesalzenes ist dominanter im Programm. »Da sich Nüsse in der Verbraucherwahrnehmung als energiespendender, natürlicher und gesunder Snack etabliert haben«, so die Ültjes, »sind sie ein ideales und zeitgemäßes Produkt für Hotel, Restaurant, Café.« Der Bar-Mix im 1-kg-Gebinde, die Ültje Kesselnüsse im 500-g-Beutel und Studentenfutter orginal sind wie diverse Erdnuss-Zubereitungen im 1-kg-Gebinde sehr beliebt. Interessanterweise orientiert man sich trotz des amerikanischen Snack-Ursprungs von Erdnüssen wenig an amerikanischen Snack-Gepflogenheiten. Das Ültje-pur-Sortiment, das bei der Röstung auf Palmöl zugunsten von Sonnenblumenöl verzichtet und möglichst unbehandelte Nüsse einsetzt, ist ein typisches Beispiel für das Ohr am Boden, was deutschsprachige Gepflogenheiten anbelangt. Wichtig überdies: Da einige Verbraucher Nüsse bzw. Erdnüsse (botanisch gesehen Hülsenfrüchte) nicht vertragen, hat man bei Ültje auch bei der Kennzeichnungspflicht viel Sorgfalt walten lassen.
»Alle unsere Produkte sind hinsichtlich ihres allergenen Potenzials gekennzeichnet, jeweils auch auf der Schauseite. So stellen wir sicher, dass für Allergiker sehr deutlich wird, welche Produkte nicht vertragen werden«, so Oliver Krück, Marketingmanager Ültje GmbH.
Was hat die Arbeitswelt mit dem Essverhalten zu tun?
Nun, sagt Lukas Rohé von Aramark, sehr viel sogar. Individualität und Flexibilität spielen im Job eine zunehmend wichtige Rolle; man will das auch bei der Ernährung so und sich kein klassisches Mittagessen oder Frühstück bestellen. Bei Aramark, die auf Betriebsgastronomie und Catering fokussieren, hat man sich deshalb »Die Snackerei« ausgedacht. Denn eine einfache Breze oder ein Croissant zwischendurch, die tun es nicht mehr, weiß Rohé. »Der Gast findet zu jeder Tageszeit etwas in unserer Snackerei, und fast alles wird frisch vor seinen Augen individuell nach seinen Wünschen zusammengestellt.« Salate spielen auch hier eine Rolle, noch stärker jedoch ist der Wunsch nach hausgemachten Aufstrichen, die, auf der Stulle serviert, Handgemachtes signalisieren. Wobei Rohé noch einen Schritt weiter geht und die kulinarische Nachfrage als »immer femininer« beschreibt. Frisches Obst, Müsli, Joghurt sind wichtig. Und, der Leser ahnt es vielleicht, Regionalität und Nachhaltigkeit. Bei Aramark hat man sich beispielsweise für wiederverwendbare Schraub- und Weckgläser zum Anrichten entschieden. »Das ist nicht nur nachhaltig, sondern sieht auch sehr ansprechend aus«, weiß Lukas Rohé.
Adressbox:
Fritz & Felix im Brenners Park-Hotel
Schillerstraße 4–6,
76530 Baden-Baden
Hobenköök Oberhafen
Thomas Sampl,
Stockmeyerstraße 43
20457 Hamburg
Hotel Unterlechner
Reith 23,
6392 St. Jakob in Haus,
Tirol