Feines auf dem Teller
Wie Desserts und süße Snacks den Umsatz ankurbeln
von Astrid Filzek-SchwabWarme Temperaturen machen Lust auf köstliche Leckereien und Eis. Der bevorstehende Sommer beglückt mit saisonalem Obst, das sich wunderbar zu süßen Kreationen verarbeiten lässt.
#Sorbets im Genusstheater
„Im Sommer haben wir so viele frische Zutaten aus der Region, da schaffe ich es nie, alles umzusetzen“, so Lisa Krispel vom „Genussgut Krispel“ in der Steiermark. „Oben auf meiner Liste stehen heimische Ochsenherztomaten in Kombination mit Petersilie und weißer Schokolade.“ Die österreichische Pâtissière des Jahres 2023 ist im Restaurant „Genusstheater“ für Desserts zuständig: „Das Produkt steht immer im Mittelpunkt und darf nie verfälscht werden. Maximal drei Komponenten verwende ich auf einem Teller“, erklärt Krispel. „Meine Highlights sind Limetten, frischer Koriander, Macadamia- und Haselnüsse.“ Mit diesen könne man ein herrliches Dessert mit viel Frische und einem tollen Süße-Säure-Spiel kreieren: „Das ist mir bei jedem meiner Desserts wichtig. Es darf nie zu süß sein, muss aber mit viel Leichtigkeit punkten.“
Wichtig sei es, sich auf das Produkt zu konzentrieren: „Die Qualität der Produkte selbst würde ich niemals herunterschrauben. Mein Gedanke bei der Arbeit mit einer bestimmten Zutat ist es immer, diese mit Respekt auf höchstem Niveau auf den Teller zu bringen und bestmöglich zu verwerten.“ Auch Nachhaltigkeit werde immer wichtiger: „Alles zu verwerten ist für mich kein Trend, sondern es zeigt Respekt vor dem Produkt. Anfallende Reste werden haltbar gemacht oder bei einem Törtchen verwendet.“
#Rhabarber in Variationen
Frische Produkte sind für Jordan Gasco, Chefkonditor des Le Chambard in Kaysersberg, unabdingbar: „Zur Erdbeersaison werde ich ein Erdbeersorbet Mara des Bois und Elsässer Meerrettich entwickeln, bei dem mit einer Extraktion von Erdbeersaft gearbeitet wird“, sagt er. In diesem Jahr werde er noch mehr mit gekochten Früchten arbeiten: „Seit zwei Jahren experimentieren wir mit Früchten ‒ kochen, überkochen oder kandieren“, so Gasco. „Wir verwenden das Produkt in seiner Gesamtheit, das ermöglicht es uns, mit Texturen zu jonglieren.“
Die Covid-Krise habe sein Team auch dazu gebracht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: „Indem wir mit lokalen Partnern zusammenarbeiten. Auf der Suche nach neuen Inspirationsquellen und Kreationen haben wir erkannt, wie vielfältig die regionalen Zutaten sind, die wir zur Verfügung haben.“
#Frische Kräuter und Joghurt
„Wir arbeiten im Sommer generell gern mit frischen Kräutern und auch viel mit regionalen Molkereiprodukten wie Buttermilch oder Joghurt, um eine gewisse Frische in die Desserts zu bringen“, betont Joshua Leise, Chef de Cuisine im Mural München. Der Sternekoch legt den Fokus auf sorgfältig ausgewählte Produkte. Und Leise setzt auf vegan: „Wir bieten ab 2023 ein veganes Menü inklusive Dessert an ‒ die Nachfrage wächst. Zudem ist die Auseinandersetzung mit pflanzlichen Produkten aus der Region spannend.“ Auch als Sternekoch muss er auf die Kalkulation achten: „Beim Einkauf merkt man die steigenden Preise. Das wird eventuell dazu führen, dass die Kreativität mehr gefordert wird und dass auch in anderen Bereichen der Gastronomie eher ein Apfel mit Buchweizen kombiniert wird als eine teure Schokolade mit Flugmango und Vanille.“
#Waldbeeren & Erdbeeren
Auch Othmane Khoris vom Alpina Gstaad will eine lokale Frucht verarbeiten: „Wahrscheinlich Waldbeeren & Erdbeeren aus dem Saanenland“, sagt der Schweizer Pâtissier des Jahres, der besonders Vanille aus Tahiti liebt. Für seine Desserts lässt er sich von der Natur inspirieren, von der Kunst anderer Länder und von Restaurants. „Aber meistens kommt es von einem Produkt, das ich als Ganzes zu verwenden versuche, auch von Teilen, die man nicht essen kann. In der letzten Saison habe ich das Innere des Aprikosenkerns verwendet“, so Khoris. Im Trend lägen Restprodukte und Zero-Waste-Rezepte. Flexibilität sei heutzutage sehr wichtig, wenn man auf Lebensmittelverschwendung achte: „Als wir letztes Jahr merkten, dass wir viele Bananen und Beeren verschwendeten, haben wir neue Rezepte für unseren Foodtruck und für das Frühstück entwickelt, um diese nicht mehr benötigten, aber einwandfreien Produkte einzusetzen“, meint Khoris. So gibt es ein Bananenbrot und einen Käsekuchen mit einer Glasur aus Beeren. „Ich habe auch angefangen, aus den übrig gebliebenen Früchten Marmelade für unser Mitarbeiterfrühstück zu machen.“
#Eispatisserie mit eigenen Kräutern
Jérémie Gressier, Chefkonditor des Terre Blanche Hôtel Spa Golf Resort in der Provence, will meist Eis im Sommerrestaurant Le Tousco anbieten: „Für den Mittagsservice wird es drei Eispatisserien mit verarbeiteten gefrosteten Früchten wie Melone, Joghurt, Zitrone, Minze, Kakao oder Jasmin und Snacks sowie Eisgläser zum Teilen geben. Diese drei Sortimente werden je nach Saison und lokalen Produkten regelmäßig wechseln.“ Am Nachmittag gibt es am Pool einen Stand mit Eis und Sorbets in zehn verschiedenen Geschmacksrichtungen. Auf zwei Dinge setzt Gressier: besten Geschmack und saisonale Produkte von lokalen Produzenten. „Aus dem Garten ernten wir Kräuter und stellen diese Produkte in den Vordergrund“, betont der Chefkonditor. So möchte er eine gefrostete Zitrone mit frischer Minze aus dem Garten herstellen oder für das Gourmetrestaurant „Le Faventia“ ein Sorbet mit Sauerampfer aus dem eigenen Garten.
#Faible für Erdbeer-Minz-Parfait
Der neue Chef de Pâtissier im Neumühle Resort & SPA, Doru Matan, hat für den Sommer ein Ingwer-Sahne-Eis, Kiwi-Eis oder auch ein Eis-Sandwich im Blick. Seine weiteren Sommerdessert-Favoriten sind Erdbeer-Minz-Parfait oder auch eine Himbeer-Tarte mit Kardamom-Eis. „Wir versuchen, uns in unseren Gerichten/Gängen bei einem 4-Gänge-Menü nicht zu wiederholen. Unserer Meinung nach wirft das kein gutes Licht auf uns, wenn die Vorspeise etwa mit Himbeer-Espuma gereicht und das Dessert auch wieder mit Himbeer-Espuma angerichtet wird. Der Gast könnte schnell denken, dass die Gerichte langweilig sind, da immer oder öfter mit der gleichen Zutat gearbeitet wird. Wir wollen dem Gast eine Geschmacksexplosion bieten und das schaffen wir nicht, indem wir ein und dieselben Zutaten in verschiedener Darreichungsform im Menü verarbeiten“, so der Rumäne.
#Eis macht glücklich
„Ich folge keiner Mode, ich folge meinem Gaumen“, erklärt Giorgio Ballabeni, der seit 16 Jahren die Münchner mit seinem Eis verwöhnt: „Das Geheimnis von gutem Eis sind viel Erfahrung und beste Zutaten. Früchte müssen absolut reif sein, Nüsse von höchster Qualität. Am Ende schmeckt das Eis so gut wie seine Zutaten.“ Ein aktueller Trend: „Wir werden im Frühling verstärkt an veganem Eis arbeiten.“ Viele Sorbets ‒ Eis ohne Milch ‒ hat er schon in seinem Eis-Labor kreiert. Es gibt sogar ein Schokoladensorbet auf Kokosmilch-Basis. „Die Textur spielt eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung neuer veganer Produkte.“ Als weiteren Trend sieht Ballabeni Vegan-Raw-Eis. „Also rohe, ungekochte Früchte verwenden.“ Täglich bietet er nur zwölf verschiedene Eissorten an: „Was Gastronomen immer vergessen: Wichtig ist, dass Eis frisch ist.“
Saisonal, aus der Region und mit Fokus Zero Waste – die Ansätze der Dessert- und Eiskünstler sind ebenso kreativ wie vielfältig. Gemein haben sie aber auf jeden Fall eines: Sie machen Lust auf mehr!