Tourismusweltmeister
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Licht und Schatten

von Clemens Kriegelstein
Mittwoch, 16.01.2019
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Gastronomie und vor allem Tourismus in Österreich boomen! Wirklich?

2017 etwa sorgten rund 43 Mio. Gäste für insgesamt 144,5 Mio. Nächtigungen. Der zweithöchste Wert aller Zeiten. Doch auch die Zahlen aus dem Bereich Gastronomie können sich sehen lassen: An die neun Mrd. Euro werden jährlich in über 41.000 Bars, Restaurants, Gasthäusern, Kantinen, Imbissständen etc. umgesetzt. Insgesamt sind Hunderttausende Menschen in Österreich in Gastronomie, Hotellerie oder davon profitierenden Sparten – vom Taxifahrer bis zur Zulieferindustrie – beschäftigt.

Alles eitel Wonne also? Leider mitnichten!

Denn die Anzahl der Betriebe und die hohe Qualität des Gebotenen bei vergleichsweise moderaten Preisen täuschen oft über die Probleme im Hintergrund hinweg. Das beginnt bei eben jenen moderaten Preisen, die die Gewinnspanne vieler Gastronomiebetriebe schmelzen lassen wie Eis in der Sonne. Dazu kommt das Dauerthema Personalmangel. Vor allem in den Tourismushochburgen im Westen des Landes sind Mitarbeiter während der Hochsaison praktisch überall Mangelware. Über die Gründe dafür lässt sich trefflich streiten. Tatsache ist, dass das Image eines Dienstleistungsberufes im Gastgewerbe wohl schon mal höher war und dass es wahrscheinlich auch Branchen gibt, in denen sich mehr Geld verdienen lässt. Vor allem aber sind in einer Zeit, in der viele nurmehr auf ihre Work-Life-Balance schauen, immer weniger Menschen dazu bereit, auch mal eine 12-Stunden-Schicht zu schieben, wenn der Laden brummt, bzw. an Abenden, Wochenenden und Feiertagen zu arbeiten. »Nine to five« ist im Gastgewerbe eben nicht.

Der Druck steigt

Wenn dann noch der Druck seitens der Politik auf die Betriebe von Jahr zu Jahr erhöht wird (kaum mehr Absetzbarkeit von Geschäftsessen; Allergenauszeichnungspflicht; Registrierkassenpflicht; Rauchverbot nein, teilweise, ja, vielleicht, doch nicht …), wenn Finanzkontrollen gerne zur Hauptgeschäftszeit in Rambo-Manier erfolgen und wenn einige Arbeitszeitgesetze so realitätsfremd sind, dass manche Betriebe Strafzahlungen achselzuckend schon vorab einkalkulieren, dann wundert man sich nicht über den Unmut, der bei manchen herrscht.

HOGAPAGE hat daher mehrere Hoteliers und Gastronomen gefragt, wo sie der Schuh drückt. Herauskristallisiert haben sich dabei vor allem drei Themen:

  • die Wiedereinführung der vollen Absetzbarkeit von Geschäftsessen
  • eine weitere Liberalisierung der Arbeitszeiten
  • Verminderung von Steuern und Abgaben bzw. auch eine Reduzierung von Abschreibedauern

Doch wir wollten diese Wünsche nicht im Raum stehen lassen und haben Politiker aller Parlamentsparteien wie auch die Wirtschaftskammer mit den Forderungen konfrontiert. Konkrete Antworten kamen bis zum Redaktionsschluss aus dem Büro von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), von Bruno Rossmann (Finanzsprecher der Liste JETZT, ehemals Liste Pilz) und von der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer Österreich.

Problem der Absetzbarkeitsdauer ist bekannt

Beim Thema Absetzbarkeit verspricht Ministerin Köstinger, diese bei den Verhandlungen zur neuen Steuerreform zu thematisieren, nachdem das Thema schon länger bekannt sei. Allerdings berge alleine die Senkung der Umsatzsteuer auf Übernachtungen von 13 auf 10 Prozent ein Gesamtvolumen von 120 Mio. Euro für die Tourismuswirtschaft. Und zum Thema Arbeitszeit betont man, mit der freiwilligen Möglichkeit zum 12-Stunden-Tag bzw. zur 60-Stunden-Woche bereits eine wichtige Forderung der Wirtschaft umgesetzt zu haben.

Entschiedene Ablehnung kommt von der Liste JETZT zu einer weiteren Liberalisierung der Arbeitszeit: »Arbeitnehmerschutz ist nicht nur eine Frage der Fairness, er ist auch eine notwendige Bedingung für das gesunde und produktive Arbeitskräftepotenzial einer Volkswirtschaft. Seine Aushöhlung durch eine weitere Liberalisierung der Arbeitszeit kommt für mich nicht in Frage«, so Bruno Rossmann. Auch für die volle Absetzbarkeit von Geschäftsessen fehle die Notwendigkeit. Er plädiert im Gegenteil für eine Vereinfachung des Steuersystems und damit verbunden eine Abschaffung von fragwürdigen Ver- und Begünstigungen, worunter auch die Absetzbarkeit von Geschäftsessen zu zählen sei.

Ende der rechtlichen Grauzone

Die Forderungen der Branche werden dagegen von der Wirtschaftskammer durchwegs unterstützt: »Die gelebte Praxis der einvernehmlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurde mit dem neuen Arbeitszeitgesetz aus einer rechtlichen Grauzone geholt und auf sichere Beine gestellt«, erklärt Sparten-Geschäftsführer Manfred Katzenschlager. Eine Senkung der Abschreibungsdauer sei bereits eine Hauptforderung bei der anstehenden Steuerreform. Zudem sieht man im Zusammenhang mit aktuellen Compliance-Bestimmungen (betrifft etwa das Thema Geschäftsessen), dass in Österreich ein »Gold-Plating« betrieben werde.

Mörwald
Foto: Mörwald

Toni Mörwald Mörwald-Gastronomie, Feuersbrunn

  • Finanzpolitisch gehört einiges geändert. Die Abschreibedauer ist in vielen Bereichen neu anzupassen. Nebenabgaben und Steuern sind deutlich zu reduzieren.
  • Geschäftsessen müssen wieder voll absetzbar werden.
  • Dass Menschen am Tag 12 oder auch mehr Stunden arbeiten dürfen, sollte heute keine Diskussion sein, sondern sollte die Basis für Erfolg sein.

 

Florian Moosbrugger
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Florian Moosbrugger Hotel Post, Lech

  • Wir benötigen im Tourismus eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit, damit Mitarbeiter straffrei arbeiten können, wenn die Arbeitskraft benötigt wird. Gerade für Saisonbetriebe wäre es wichtig, dass der Durchrechnungszeitraum verlängert wird. So wie es jetzt ist, besteht ständig die Gefahr, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, und es ist reines Glück, ob ein Arbeitsinspektor Strafen verteilt oder nicht.

 

Harald Leupold
Foto: Leupold

Harald Leupold Rest. Leupold, Wien

  • Wir brauchen dringend wieder eine volle Absetzbarkeit der Geschäftsessen. Diese sind Teil unserer Kultur und gerade für die gehobene Gastronomie wirtschaftlich wichtig.
  • Der jüngst ermöglichte 12-Stunden-Arbeitstag hat der Branche enorm geholfen und viele Gastronomen entkriminalisiert.

 

 

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