Im Geheimdienst für mehr Qualität
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Im Geheimdienst für mehr Qualität

Warum Betriebstests den Gastgeber weiterbringen

von Daniela Müller
Mittwoch, 02.11.2022
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Patziges Personal, ein schmutziges Waschbecken oder zu wenig Umsatz mit Kaffeespezialitäten, weil der Service die Gäste nicht pro­aktiv darauf anspricht? Selbst in den makellosesten Locations lassen sich Dinge entdecken, die man optimieren könnte. 

Weil die tagtägliche Routine leicht zu Betriebsblindheit führen kann, müssen externe Tester her. Deshalb setzen „rund ein Drittel“ aller Restaurants in der DACH-Region mittlerweile auf Mystery Checks, schätzt Martin Denzel von Testando. Anonyme Tester, im Fachjargon Mystery Checker, speisen wie andere Gäste ganz normal im Restaurant, senden anschließen ihre Testberichte ab. Selbstverständlich digital.

Größtes Optimierungs-Potenzial liegt im Service

„Besuchen beispielsweise 20 Tester dasselbe Restaurant und 16 von ihnen geben zu Protokoll, dass die Bedienungen nicht auf das Tagesgericht hin­weisen oder bei leeren Gläsern kein Angebot machen, stellt das für den Gastronomen einen wertvollen Hinweis dar“, erklärt Denzel. „Bei den Verkaufsaktivitäten des Servicepersonals schlummert das meiste Potenzial, um den Umsatz zu erhöhen.“ Interne Studien würden belegen, dass mit Mystery Checks ein Umsatzwachstum von 
15 bis 20 Prozent möglich sei. 

Person im Bad
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Wer testet eigentlich?

Testando arbeitet nicht mit „Profi-Testern“, sondern mit einem üppigen Checker-Pool: In Deutschland, Österreich und der Schweiz wollten bisher mehr als 20.000 Menschen ihr Checker-Talent unter Beweis stellen. So ziemlich jeder kann für Testando Locations testen: Einfach auf der Webseite anmelden, Restaurant auswählen, verbindlich zusagen. Mögliche Testtage, Mindestverzehr und Preislimit sind vorgegeben. Die Tester bekommen in der Regel die Hälfte der Kosten für ihren Restaurantbesuch erstattet. Ein Extrahonorar wird nicht bezahlt.

Denzel erläutert: „Da meist ein Eigenanteil der Rechnung beim Tester verbleibt, fällt die Meinung auch objektiver aus im Vergleich zu jemandem, der komplett eingeladen wird oder durch das Testen etwas verdient.“ Auf diese Weise könne Testando den Betrieben seine Checks günstig und authentisch anbieten. Zudem landen so die richtigen Tester in den Testlocations – weil sie diese selbst auswählen können.

Gastro-Tester mit Bronze-, Silber- und Gold-Status

Das Ausfüllen des digitalen Testberichts für ein Restaurant dauert meist 45 bis 60 Minuten. Die Fragebögen können die Kunden komplett individualisieren, manchmal erwarten die Tester auch Sonderaufgaben wie das Abfotografieren eines bestimmten Gerichts. Die Testberichte werden wiederum auch getestet. Wer nämlich seinen Job zufriedenstellend erledigt, rückt auf, erlangt bei Testando schrittweise den Status als Bronze-, Silber- oder Gold-Tester. Letztere dürfen dann auch ausgewählte Hotels unter die Lupe nehmen. 

Individuell auf die Kunden zugeschnittene, aussagekräftige Tests mit leichter digitaler Handhabung haben sich in der Evolution solcher Testverfahren erst entwickelt. Früher, in der  sogenannten Steinzeit der Mystery Checks, gaben die Tester einfach zum Besten, was ihnen so auffiel. Ohne vorgegebenen Fragenkatalog. Das sagt einer, der es wissen muss: Oswald Neumann. Der gelernte Hotelmeister vertreibt als Mitgründer und Geschäftsführer des Neumann & Neumann Software und Beratungsunternehmens die Software „e-QSS“. Ein Produkt, das nicht nur in der Hotellerie und Gastronomie als digitales Tool für Qualitätschecks dient. „Unsere Software ist für alle Wirtschaftsbereiche einsetzbar, 50 Prozent der DAX-Unternehmen verwenden sie“, so Neumann. 

„Bei Mystery Checks muss man systematisch vorgehen. Wir bieten unter anderem unterschiedliche Checks für verschiedene Hotelklassen an. Bei einem 2-Sterne-Hotel kann man nicht erwarten, dass die Rezeption einen Eiskratzer fürs Auto anbietet, bei einem 5-Sterne-Haus aber schon“, so Neumann, der schon in den Neunzigern Qualitätschecks im Auftrag der Deutschen Bahn und Rewe durchgeführt hatte.

Frau macht Foto mit Handy
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Bis zu 850 Fragen beim Hotel-Check

Die Anzahl der möglichen Fragen und Prüfpunkte für einen Hotel-Mystery-Check beträgt sage und schreibe 850. Die Auswahl der Fragen, welche die Tester beantworten, wählt der Kunde aus: „Übrig bleiben meist um die 800.“ Welche Qualitätskriterien des Hotels beim Check besonders überprüft werden sollen, wird zuvor gemeinsam mit dem Auftraggeber definiert. 

Buchstäblich alles wird getestet. Reservierung per Telefon, per Mail – und auch Stornierungen. Wird die Begleitperson des Testers ebenso respektvoll wahrgenommen und behandelt? Haben sich die Rezeptionisten beim zweiten Auftauchen des Testers den Namen gemerkt? Gibt es Schilder, sind diese lesbar, sind die Schilder sauber? Die Liebe zum Detail kennt hier wirklich mal so gar keine Grenzen.

Verschiedene Häuser im Vergleich

Neumann testet selbst, aus Leidenschaft für die Hotellerie, hier hat der Softwareunternehmer schließlich seine Wurzeln. Sein Tagessatz für einen Hoteltest, Vor- und Nachbereitung inklusive, beträgt 1.250 Euro. „Ein Privathaus gehen wir anders an als etwa eine Hotelgruppe. Letztere will die einzelnen Häuser vergleichen können. Wir gehen sehr detailliert vor. Wenn die Rezeption bei der Anreise einen guten Eindruck macht, heißt das nicht automatisch, dass sie bei der Abreise ebenso gut abschneidet.“

Ein häufiger Fehler sei, dass beispielsweise Mitarbeiter an der Rezeption nicht abgleichen, ob die verwendete Kreditkarte wirklich dem Gast gehört. „Deshalb reserviere ich mit einem anderen Namen, um genau das testen zu können“, so Neumann. Auch ein Klassiker: Gebucht wird ein Zimmer mit Top-WLAN, welches sich aber bei Ankunft als hundsmiserabel entpuppt. Oft verwenden die Reinigungskräfte zu viel Reinigungsmittel, der Gast bleibt deshalb mit seinen Füßen am Badfußboden kleben. Solche Dinge, das ist Neumann extrem wichtig, möchte er so zeitnah wie möglich ansprechen. Weil das Feedback ansonsten zu verpuffen droht.

Frau testet Wein
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Zeitnahes Feedback

„Ein Lerneffekt kommt nur zustande, wenn die Beobachtungen so schnell wie möglich angesprochen werden.“ Nicht selten folgt nach einer gewissen Zeit daher erneut ein Hotel-Check – um zu überprüfen, ob das Feedback auch tatsächlich schon Früchte trägt. 

Neumanns Tester, er und seine Schwester Eva inklusive, sind ausschließlich qualifizierte Hotelprofis. „Ich möchte, dass meine Prüfung eine ist, die dem Kunden auch wirklich hilft. Mit dem Versenden des Checks ist mein Job nicht getan. Ich will – mindestens – mit den Abteilungsleitern persönlich sprechen.“ Wer sich verbessern und weiterentwickeln will, sollte offen für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik sein, davon ist Neumann überzeugt. „Wir können uns an keinen einzigen Kunden erinnern, der das Ergebnis unseres Mystery Checks für Unsinn gehalten hat.“  

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